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Join us each week as celebrity guests pitch an idea for a film based on one of the SUPER niche sub-genres on Netflix. From ‘Steamy Crime Movies from the 1970s’ to ‘Australian Dysfunctional Family Comedies Starring A Strong Female Lead’, our celebrity guests will pitch their wacky plot, their dream cast, the marketing stunts, and everything in between. By the end of every episode, Jimmy Carr, Comedian by night / “Netflix Executive” by day, will decide whether the pitch is greenlit or condemned to development hell! New episode every other Wednesday starting May 28th! Listen on all podcast platforms and watch on the Netflix is a Joke YouTube Channel . The Big Pitch is a co-production by Netflix and BBC Studios Audio.…
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Die Folkmusik lebt von der Erkenntnis, dass ein guter Song nur eine Stimme und vielleicht noch eine Gitarre braucht. Und die guten Songs werden immer wieder gespielt, mehr oder weniger immer auf die gleiche Art. Aber auch die Traditionals sind einmal zum ersten Mal gespielt werden und haben eine Chance bekommen, heißt es in A COMPLETE UNKNOWN. Die Songs des Newcomers Bob Dylan sind Anfang der 1960er Jahre so gut, dass sie ebenfalls gespielt werden. Aber wer ist Bob Dylan? Robert Zimmermann hat sich auf den Spuren von Woody Guthrie als Folksänger Bob Dylan selbst erfunden. Aber der Folk-Star wird zum Problem, denn er erfindet sich nach ein paar Jahren als Rockmusiker neu und tritt beim Newport Festival mit Rockband und elektrischer Gitarre auf. Als im Publikum jemand „Judas!“ schreit, lässt Bob Dylan die Band lauter spielen. Die Folk-Szene hat dem Song „The Times they are a changing“ zugejubelt, aber nicht verstanden, dass die Zeiten sich ändern – auch in der Musik.
Timothee Chalamet spielt und singt und spricht den rätselhaften, oft auch unsympathischen Künstler wunderbar. Noch beeindruckender ist Edward Norton als Pete Seeger. Und Regisseur James Mangold tut, was er am besten kann: Er stellt sich ganz in den Dienst der Geschichte und schafft es, dass wir nicht einmal darüber nachdenken, wie großartig der Film inszeniert ist. Zu meinen Lieblingsszenen gehören die Begegnungen von Dylan und Guthrie und der Moment als „The Times they are a changing“ zum ersten Mal vor Publikum gespielt wird. Im Podcast spreche ich mit Bettina und Katharina direkt nach dem Film über das Rätsel Bob Dylan, Joan Baez (im Film mit einer angenehmeren Stimme als in der Realität) und werden sentimental in der Erinnerung an Lagerfeuer, an denen man als Jugendlicher „Blowin´in the winds“ gesungen hat. Tipp: Im Original schauen.
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Die Folkmusik lebt von der Erkenntnis, dass ein guter Song nur eine Stimme und vielleicht noch eine Gitarre braucht. Und die guten Songs werden immer wieder gespielt, mehr oder weniger immer auf die gleiche Art. Aber auch die Traditionals sind einmal zum ersten Mal gespielt werden und haben eine Chance bekommen, heißt es in A COMPLETE UNKNOWN. Die Songs des Newcomers Bob Dylan sind Anfang der 1960er Jahre so gut, dass sie ebenfalls gespielt werden. Aber wer ist Bob Dylan? Robert Zimmermann hat sich auf den Spuren von Woody Guthrie als Folksänger Bob Dylan selbst erfunden. Aber der Folk-Star wird zum Problem, denn er erfindet sich nach ein paar Jahren als Rockmusiker neu und tritt beim Newport Festival mit Rockband und elektrischer Gitarre auf. Als im Publikum jemand „Judas!“ schreit, lässt Bob Dylan die Band lauter spielen. Die Folk-Szene hat dem Song „The Times they are a changing“ zugejubelt, aber nicht verstanden, dass die Zeiten sich ändern – auch in der Musik.
Timothee Chalamet spielt und singt und spricht den rätselhaften, oft auch unsympathischen Künstler wunderbar. Noch beeindruckender ist Edward Norton als Pete Seeger. Und Regisseur James Mangold tut, was er am besten kann: Er stellt sich ganz in den Dienst der Geschichte und schafft es, dass wir nicht einmal darüber nachdenken, wie großartig der Film inszeniert ist. Zu meinen Lieblingsszenen gehören die Begegnungen von Dylan und Guthrie und der Moment als „The Times they are a changing“ zum ersten Mal vor Publikum gespielt wird. Im Podcast spreche ich mit Bettina und Katharina direkt nach dem Film über das Rätsel Bob Dylan, Joan Baez (im Film mit einer angenehmeren Stimme als in der Realität) und werden sentimental in der Erinnerung an Lagerfeuer, an denen man als Jugendlicher „Blowin´in the winds“ gesungen hat. Tipp: Im Original schauen.
Gut gewählt vom Festival als Eröffnungsfilm: 90 YEARS SO WHAT ist eine Komödie mit leichtem Overacting und mahcnmal überzeichneten Charakteren, aber herzerwärmend und mit ernsten Themen – basierend auf realen Personen. Ein erfolgreiche Kolumnistin und Autorin, mit 90 Jahren schon lange im Ruhestand, wird überredet, wieder jede Woche zu veröffentlichen. Das verändert nicht nur das Leben der alten Dame – gespielt von Mitsuko Kusabue. Am Mikrofon direkt nach dem Film sprechen Helena und Malte von SNEAKY MONDAY mit Hendrik und Thomas über grantige Rentnerinnen, Männer in der Midlife-Crisis, Mainstream und Ernsthaftigkeit.…
Keine Rolle ist so sehr mit Tom Cruise verknüpft wie Ethan Hunt in MISSION: IMPOSSIBLE. Und auf keine Rolle hat er so viel Einfluss genommen. Das Action-Franchise wuchs über acht Filmen in fast 30 Jahren zu einem riesigen Abenteuerspektakel, das manchmal auch Doppelnull-Agenten alt aussehen ließ. Apropos "alt aussehen" - zum ersten Mal sieht man Tom Cruise seine 62 Jahre ein bisschen an, aber Respekt, dass er sich immer noch mit Stahlseilen an ein Flugzeug hängt. Und wie gut ist nun der achte und letzte Film geraten? Vieles funktioniert immer noch sehr gut: Die Tricks und Täuschungen, die unmöglichen Aufgaben, die unwiderstehlichen Sprints von Cruise, die starken Frauen, das Team, die komischen Momente und die überlebensgroßen Action-Sets: Der Tauchgang zum U-Boot, die Stunts auf dem Doppeldeckerflugzeug - das ist ganz großes Adrenalin-Kino, das man sich auch in einem großen Kino anschauen sollte. Nicht zu vergessen die großartigen Schauspieler:innen - Hayley Atwell, Simon Pegg, Esai Morales, Pom Klementieff, Angela Bassett und viele andere. Einige Fäden aus den Vorgänger-Filmen werden geschickt aufgegriffen, besonders aus dem Ersten und Dritten. Das perfekte Pacing wie im siebten Film gibt es leider nicht - die erste Stunde ist zäh und verliert sich in komplizierter Handlungserklärung. Und gibt es sehr viel Pathos - vor allem über getragene Stimmen aus dem Off, die bedeutungsschwanger über den Auserwählten, den Weltenretter Ethan Hunt raunen. Ethan Hunt als Action-Messias, der sein Schicksal und seine Bestimmung erfüllt. Da kann einem die Heldenverehrung schon mal zuviel werden. Im Podcast direkt nach dem Kino sind wir unterschiedlich begeistert und diskutieren, ob ein würdiger Abschluss der Filmreihe gelungen ist. Hier unsere Besprechungen zu den letzten vier der acht Mission: Impossible-Filme.…
Es beginnt wie ein tragisch-düsterer skandinavischer Thriller: Ein aus Schweden stammender Schneepflugfahrer (Stellan Skarsgard) wird Bürger des Jahres in einer Kleinstadt in Nordnorwegen. Am gleichen Abend stirbt sein Sohn, der am Flugplatz arbeitet, an einer Überdosis. Als der Vater erfährt, dass sein Sohn ermordet wurde, beginnt er Rache an den Tätern aus der Organisierten Kriminalität zu nehmen. Mit jedem Mord wird der Rachefeldzug des Schneepflugfahrers absurder – und die Gegner aus der norwegischen und der serbischen Mafia immer skurriler. Während die Geschichte eskaliert, färbt sich der Schnee in der norwegischen Weite immer wieder blutrot. Der Film lebt von seinem tiefschwarzen Humor, unerwarteten Einfällen und wenigen aber pointierten Dialogen und mit Stellan Skarsgard und Bruno Ganz von zwei Schauspielern, die mit kleinen Mitteln großen Eindruck hinterlassen. Im Podcast lachen Tom und Thomas direkt nach dem Film über ihr Lieblingszitat („Haben Sie schon einmal etwas vom Stockholm-Syndrom gehört?“) und vergleichen EINER NACH DEM ANDEREN mit FARGO.…
HIGH LIFE ist ein Film, der mich beim Schauen (und beim Podcast direkt danach) überfordert und mich oft orientierungslos zurückgelassen hat. Claire Denis erzählt eine Geschichte, die auch in einem abgelegenen Krankenhaus oder auf einer Gefängnisinsel spielen könnte: Neun Strafgefangene werden zusammengesperrt, eine fanatische Ärztin versucht, aus dem Sperma und den Eizellen der anderen Insassen im Brutkasten ein Kind zu "erschaffen". Nur ist das Gefängnis ein schuhschachtelförmiges Raumschiff, das auf ein Schwarzes Loch zutreibt. Ein optisch oft sprödes Kammerspiel um Fruchtbarkeit und Gewalt, Einsamkeit, Schuld und Elternschaft. Eher Theater als Science-Fiction, mehr Szenen als Handlung. Ohne das Etikett "Science-Fiction" und der damit verbundenen Erwartung, hätte es HIGH LIFE bei mir leichter gehabt. Denn es steckt viel in diesem schwer zugänglichen Film. Vielleicht ist das alles ein Traum und alle Liebe und Gewalt und alle Trauer und Exzesse sind nur Spiegel unseres eigenen Unterbewusstseins. Wir sehen, wie sich diese scheiternde, menschliche Gruppe ihrem Untergang (hier einem Schwarzen Loch) nähert. Und wir beobachten, wie sich die Schichten der Zivilisationen abschälen, bis nur noch als einzige unumstößliche Kraft im Universum übrig bleibt: die schützende Liebe eines Vaters für seine Tochter. Im Podcast direkt nach dem Film sprechen wir über bedrückende Gewaltausbrüche, über Robert Pattinson und Juliette Binoche, Low-Tech-Ausstattung und über fragmentarische Dramaturgie - und streiten etwas darüber wie wichtig die Ambitionen der Künstler:innen sind. Wir haben HIGH LIFE gesehen auf Filmfriend , dem Streamingportal der öffentlichen Bibliotheken.…
Auf den ersten Blick ist THUNDERBOLTS* nur ein weiterer Superheldenfilm, in dem sich ein Team findet, mehr oder weniger die Welt retten muss und dabei zu Freunden werden. Nur dass das Team – ähnlich wie bei SUICIDE SQUAD – aus Antihelden besteht, aus Gescheiterten, aus ehemaligen Bösewichten. Und diesmal bleiben die Antihelden auch Antihelden: Sie übernehmen sinnlose Söldnerjobs, haben ihr Familienleben ruiniert, sind einsam. Ihr Leben ist sinnlos, Träume haben sich zerschlagen. Die eigentlichen Helden, die Avengers, sind nicht mehr da und die Antihelden wissen, dass diese Fußstapfen zu groß für sie sind. Damit nimmt sich Marvel selbst aufs Korn: Die großen Heldenzeiten sind auch für das MCU vorbei – kann der 36. Film und damit der Abschluss von Phase 5 überhaupt noch Sinn machen? Aber THUNDERBOLTS* ist dabei nicht nur ein Meta-Film über Marvel. Er traut sich, Protagonisten zu zeigen, die auch als Team kaum aus ihrer Verzweiflung heraus kommen. Sinnlosigkeit, Einsamkeit und das frühere Tabu-Thema Depression spielen eine so große Rolle wie noch nie einem Superheldenfilm. Der trockene, schwarze Humor lenkt kaum davon ab, dass hier niemand am Ende in den Sonnenuntergang reitet. THUNDERBOLTS* punktet nicht mit Spannung, auch nicht mit Optik, sondern mit einem bösen Blick in den Spiegel der Antihelden aus der zweiten Reihe. Im Podcast direkt nach dem Film sind die ersten Eindrücke unterschiedlich – wir reden über Oneliner und wie Florence Pugh als Yelena das Team führt und den Film zusammenhält. Am Mikrofon: Johanna, Gabriele, Harald, Tom und Thomas.…
Nachdem ich den beeindruckenden chinesischen NeoNoir FEUERWERK AM HELLICHTEN TAG gesehen hatte, musste ich mir auch ONLY THE RIVER FLOWS von Wei Shujun anschauen. Ein düsterer Serienmörder-Psychothriller, der viel im Dunklen und Düsteren spielt, ständig regnet es, Farben werden weggewaschen. Eine intensive Atmosphäre von Bedrohung und Unheil begleitet den Kommissar (hervorragend gespielt von Zhu Yilong), der trotz beträchtlichem Aufwand mit seinen Ermittlungen nicht vorankommt. Während die Krimihandlung Spannung aufbaut, fesseln uns noch mehr die starken Bildkompositionen. Ganz unmerklich mehren sich merkwürdige Elemente, die sich in die Realität der Geschichte einschleichen. Spätestens nach einer Traumsequenz fragen wir uns, ob wir einem unzuverlässigen Erzähler aufgesessen sind: Ist das noch Wirklichkeit oder sind wir bereits im Kopf des Kommissars? Ist die Bühne eines verlassenen Kinos, das der Kommissar als Büro nutzt, in Wirklichkeit ein innerer Raum? Der Kommissar blickt auf jeden Fall solange in den Abgrund, bis der Abgrund in ihn schaut. Im Podcast direkt nach dem Film sind Johanna und ich ebenso fasziniert wie verwirrt. Wir sprechen über den aufblitzenden schwarzen Humor, die Anfangsszene mit den Kindern, die wie eine Ouvertüre den Film eröffnet, über die Behinderung des Tatverdächtigen und über die tiefe Angst des Kommissars, das seine schwangere Frau ein behindertes Kind auf die Welt bringt. Ein starker, vielschichtiger, immer surrealer werdender Thriller. Sehr sehenswert! Gesehen auf MUBI.…
Eine schwüle Südstaatenatmosphäre, Schwarze, die immer noch wie Sklaven auf den Feldern Baumwolle pflücken, aber auch Schwarze, die versuchen ihr Glück zu machen – wie die Zwillingsbrüder Smoke und Stack (beide großartig gespielt von Michael B. Jordan). Sie haben in Chicago Geld gemacht und wollen jetzt in ihrer alten Heimat in Mississippi einen Tanzschuppen für ihre eigene Community aufmachen. Dazu holen sie sich Bluesmusiker, die abends den Gästen einheizen sollen. Und Musik, das ist der eigentliche Dreh- und Angelpunkt dieses Films. Ein überraschend souveräner Genrebastard: Gangsterfilm, Gesellschafts- und Rassismusdrama, Musical und blutigem Vampirhorror. Coogler geht ein großes Risiko ein, diese verschiedenen Stoffe ineinander zu weben. Und es gelingt ihm. Er nimmt sich die Zeit, die interessanten Charaktere einzuführen: die knallharten Zwillinge, der geniale junge Bluesgitarrist und Sänger Preacherboy, die Voodoo-mächtige Annie und viele andere. Von der ersten Hälfte, die ganz dem Familien- und Rassismusdrama gehört, konnte ich gar nicht genug bekommen – das hätte nach meinem Geschmack noch zehn Stunden weitergehen können. Herausragend. Alles strebt auf einen Höhepunkt zu: Trinken, Tanzen und Singen im Nachtclub der Zwillingsbrüder, eine orgiastische Feier, die in einem magischen Musikrausch mündet, der Kultur- und Zeitgrenzen überwindet. Nichts weniger als eine magische Selbstermächtigung der afroamerikanischen Kultur. Ein großes Kinoereignis, das sich bis zur letzten Sekunde – inklusive Abspann – lohnt. Im Podcast direkt nach dem Kino reden Johanna, Harald, Tom und Thomas über großartige Kamerafahrten und die Verführungskraft singender und tanzender Vampire.…
Menschen kämpfen ums Überleben – das ist starker Filmstoff, hat sich Ron Howard gedacht. Der Film beruht auf wahren Begebenheiten: Ein Berliner Zahnarzt und Philosoph zieht sich mit einer ehemaligen Patientin auf die karge Galapagosinsel Floreana zurück. Regelmäßig schickt er Briefe an die Weltpresse, um nicht in Vergessenheit zu geraten. Ein deutsches Ehepaar wird darauf aufmerksam und wandert ebenfalls nach Floreana aus. Richtig schwierig wird es aber erst als eine Baroness mit Liebhabern und Dienern auftaucht mit dem irrsinnigen Plan, auf der menschenfeindlichen Insel ein Luxushotel aufzubauen. Zerbrechende Illusionen und brutaler Egoismus lassen die Situation bis zu Mord und Totschlag eskalieren. Das ist schon ein bisschen „Der Herr der Fliegen“ mit Erwachsenen: Wo es keine übergeordnete Ordnungskraft gibt, prallen die Interessen ungebremst aufeinander und auch wer auf ein friedliches Miteinander setzt, muss erkennen, dass er so vielleicht nicht überleben wird … Von Anfang an herrscht eine bedrohliche Atmosphäre, Musik und Bildstimmungen machen klar: Das hier wird nicht gut ausgehen. Hollywood-Routinier Howard setzt in seinem Inselthriller auf starke Gefühle – auf sympathische Figuren, mit denen man mitleidet (Sydney Sweeney) und auf verlogene, intrigante Figuren, die man hasst (Ana de Armas). Spätestens wenn die wilden Hunde eine hochschwangere Frau angreifen, haben wir auch im Kinosessel ordentlich Puls. Die Darstellerriege ist dabei nicht nur namhaft, sondern auch großartig. Im Podcast loben wir den Film für seinen hohen Unterhaltungswert und sinnieren darüber, dass der Stoff auch für einen künstlerisch mutigeren Film getaugt hätte. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Johanna, Tom und Thomas. Im unserer Episode erwähnen wir den Podcast TATORT GESCHICHTE in der ARD Audiothek, der sich in seiner 100. Jubiläumsfolge mit den historischen Gründen auseinandersetzt: Tatort Geschichte meets Hollywood: Das tödliche Rätsel der einsamen Insel Floreana und das Buch „Postlagernd Floreana“ von Margret Mittler, die das Drama auf der Insel überlebt hatte – erschienen bei der Büchergilde Gutenberg.…
ALL WE IMAGINE AS LIGHT beginnt ganz schlicht wie eine Dokumentation. Regisseurin Payal Kapadia nimmt uns mit nach Mumbai, mitten hinein in den Alltag von drei Krankenschwestern von Mumbai: Prabha, deren Mann im fernen Deutschland arbeitet und sich nicht mehr meldet und ihre jüngere Kollegin und Mitbewohnerin Anu, die sich ausgerechnet in einen Moslem verliebt hat. Die dritte und älteste ist die verwitwete Parvaty, die ihre Wohnung an Immobilienhaie verliert. Der Alltag in Mumbai ist hart, von Exotismus keine Spur, die gesellschaftlichen Regeln eng – gerade für die Frauen. Spätestens wenn die Frauen Mumbai verlassen fällt uns auf, wie die Filmsprache sich verändert. Die Bilder werden intensiver – oder waren sie das nicht schon eine Weile? Vielleicht haben wir es nur nicht bemerkt, so sehr waren wir bei den Frauen zwischen Träumen und Illusionen, in vergangenen oder verbotenen Beziehungen. Ein Kampf um ein bisschen Glück, ein bisschen Selbstbestimmung. Auf dem Weg zum Meer verdichtet sich die Atmosphäre, der Film mündet in einen magischen Realismus, als Prabha einen Mann wortwörtlich ans Ufer gespült bekommt. Spätestens jetzt hat der Film von Kapadia eine unerwartete Meisterschaft entwickelt – und das als Debütfilm! Im Podcast direkt nach dem Kino sprechen Bettina und Thomas über Gesellschaftskritik, die ganz en passant stattfindet, über sehr starke Darstellerinnen, über Rätselhaftigkeit und eine paradiesische Schlusseinstellung. Sehr empfehlenswerter Film.…
Es ist ein Film über uns, über das Jetzt, darüber das es kein richtiges Leben im falschen geben kann. Jobs, die auf die eine oder andere Art keinen Sinn machen, die Suche nach Nähe, die Angst vor der Nähe, die Erkenntnis, dass fair gehandelte Schokolade nicht darüber hinweg trösten kann, dass wir reich sind, weil andere arm sind, nicht davon ablenken kann, dass wir so viele Privilegien haben, dass wir es selbst nicht mehr merken. Aber das ist nur eine von vielen Ebenen dieses Films. DAS LICHT gibt uns so lange Farbsteine, bis wir Stück für Stück ein Muster darin erkennen können. Tykwer mischt dabei mit bewundernswerter Sorglosigkeit einen Berliner Arthouse-Film mit Hollywoodreifen Szenen, lässt die Menschen auf der Straße tanzen und vor dem Licht einer Frau halluzinieren, die aus Syrien zu uns geflohen ist. Tragödie, Komödie, Familiendrama, magischer Realismus, ich wette, Tom Tykwer ist es völlig gleich, in welche Schublade sein Film gesteckt wird. Es ist großes Kino, das steht fest (auch großes Schauspielerkino), das mit wenig Klischees und ganz ohne moralisch erhobenen Zeigefinger daherkommt. Direkt nach dem Kino waren wir sehr begeistert und mussten erst einmal die Bilder und die Gefühle sortieren – am Mikrofon: Anke, Katharina, Marc, Hendrik und Thomas.…
AVENGERS: ENDGAME wäre der perfekte letzte Film des Marvel Cinematic Universe gewesen. Aber das war natürlich keine Option – es gab noch soviel Heldinnen und Helden, soviel potentieller Stoff – und so viele Dollars zu verdienen. Aber die Zeit der großen Helden war vorbei: Thor anderweitig unterwegs, das Kapitel Iron Man war endgültig abgeschlossen, das Kapitel Black Widow ebenfalls und Steve Rogers hatte sich verabschiedet und seinen Schild weitergegeben. Kevin Feige fährt seitdem mehrgleisig: Serien, die wie LOKI und SHE-HULK zum Teil richtig gut funktionierten, Filme, die in der winzigen Quantenwelt scheiterten oder Filme, die sich in unendlich ermüdenden Multiversen verloren oder ein Film, der einigermaßen gelungen in die Vergangenheit der Black Widow führte. Mit CAPTAIN AMERICA BRAVE NEW WORLD wird noch ein anderer Weg beschritten: Es werden kleinere Brötchen gebacken. Sam Wilson steckt im Anzug von Captain America und es hat eine ganze eigene Serie gedauert, bis er seinen Frieden damit gemacht hatte, dass er nicht Steve Rogers ist und dessen große Fußstapfen nicht vollständig wird ausfüllen können. Die meisten anderen (und viele im Kinopublikum) können sich damit nicht abfinden. Aber es hat schon einen besonderen Reiz, dass hier die Helden und Heldinnen ohne Superkräfte ans Werk gehen. Die Story schrumpft auf Menschenmaß und die Actionszenen fallen ebenfalls kleiner aus. Heraus kommt eine Art Politactionthriller mit Superheldenelementen. Es werden mit einem charmanten Nachwuchs-Falcon (Danny Ramirez als Joaquin Torres) und einer sehr beeindruckenden neuen Black Widow (Shira Haas als Ruth Bat-Seraph) zwei neue Charaktere eingeführt, von denen wir mehr sehen wollen. Ein paar mehr schmissige Screwball-Dialoge hätten diesem Film gut getan, aber als Beginn einer neuen Filmreihe funktioniert er richtig gut. Im Podcast direkt nach dem Film sind wir unterschiedlicher Meinung, sind uns aber einig, dass Harrison Ford als wütender Präsident schon sehr viel Spaß macht. Direkt nach dem Kino am Mikrofon: Gabriele, Tom und Thomas.…
Die Vorfreude war extrem groß: Bong Joon-ho dreht eine Science-Fiction-Action-Tragikomödie! Der Trailer sah aus, als sei der Film millimetergenau meine Kragenweite. Das war er dann nicht. Aber beginnen wir am Anfang: Mickey muss die Erde verlassen und ohne sich über die Konsequenzen im Klaren zu sein, bewirbt er sich als Expendable (deutsch: entbehrlich) auf einem Raumschiff, d.h. er wird gescannt und bei Bedarf neu aus dem Biodrucker hergestellt, inklusive Gedächtnisspeicher. Ab sofort ist er ein Wegwerfarbeiter: Er übernimmt die unangenehmsten und gefährlichsten Aufgaben und dient als Versuchskaninchen für tödliche Experimente. Dann wird die Leiche verbrannt und die neue Version wird ausgedruckt. Als Mickey 17 einen Auftrag wider Erwarten überlebt, ist Mickey 18 schon gedruckt. Und damit fangen die Probleme richtig an … Tolle Idee (von Edward Ashton), toller Look, tolle Schauspieler und spannende Themen, die angerissen werden: menschliche Arbeiter als Wegwerfartikel und narzisstische Milliardäre, religiöser Fanatismus und Widerstand, Kolonialismus und Genozid. Mit dem richtigen Einflugwinkel ein starker Film. Allerdings nicht für mich, ich bin emotional leider immer auf Abstand geblieben: Die relevanten Themen werden nur oberflächlich angerissen, zu viel Voice Over, zu wenig Screwball, die Szenen sind zu lang, der Film ist zu lang und ganz subjektiv: Ich bin es so unendlich leid, durchgeknallte Milliardäre mit Allmachtsfantasien zu sehen – sowohl auf der Leinwand als auch in den Nachrichten. Also: Möglicherweise ein sehr guter Film, aber nicht für mich. im Podcast vergleichen wir auch den Film mit der Buchvorlage. Direkt nach dem Kino am Mikrofon, mit ganz unterschiedlichen ersten Eindrücken: Johanna, Anke, Marc, Hendrik, Tom und Thomas.…
Die Folkmusik lebt von der Erkenntnis, dass ein guter Song nur eine Stimme und vielleicht noch eine Gitarre braucht. Und die guten Songs werden immer wieder gespielt, mehr oder weniger immer auf die gleiche Art. Aber auch die Traditionals sind einmal zum ersten Mal gespielt werden und haben eine Chance bekommen, heißt es in A COMPLETE UNKNOWN. Die Songs des Newcomers Bob Dylan sind Anfang der 1960er Jahre so gut, dass sie ebenfalls gespielt werden. Aber wer ist Bob Dylan? Robert Zimmermann hat sich auf den Spuren von Woody Guthrie als Folksänger Bob Dylan selbst erfunden. Aber der Folk-Star wird zum Problem, denn er erfindet sich nach ein paar Jahren als Rockmusiker neu und tritt beim Newport Festival mit Rockband und elektrischer Gitarre auf. Als im Publikum jemand „Judas!“ schreit, lässt Bob Dylan die Band lauter spielen. Die Folk-Szene hat dem Song „The Times they are a changing“ zugejubelt, aber nicht verstanden, dass die Zeiten sich ändern – auch in der Musik. Timothee Chalamet spielt und singt und spricht den rätselhaften, oft auch unsympathischen Künstler wunderbar. Noch beeindruckender ist Edward Norton als Pete Seeger. Und Regisseur James Mangold tut, was er am besten kann: Er stellt sich ganz in den Dienst der Geschichte und schafft es, dass wir nicht einmal darüber nachdenken, wie großartig der Film inszeniert ist. Zu meinen Lieblingsszenen gehören die Begegnungen von Dylan und Guthrie und der Moment als „The Times they are a changing“ zum ersten Mal vor Publikum gespielt wird. Im Podcast spreche ich mit Bettina und Katharina direkt nach dem Film über das Rätsel Bob Dylan, Joan Baez (im Film mit einer angenehmeren Stimme als in der Realität) und werden sentimental in der Erinnerung an Lagerfeuer, an denen man als Jugendlicher „Blowin´in the winds“ gesungen hat. Tipp: Im Original schauen.…
„I could stand in the middle of 5th Avenue and shoot somebody and I wouldn’t lose voters.“ , sagte Donald Trump am 24. Januar 2016. Daran musste ich denken, als ich VENI VIDI VICI gesehen habe. Hier ist es der superreiche, österreichische Investor Amon Maynard, der den Thrill als Jäger genießt – nur dass er keine Hirsche schießt, sondern Menschen, völlig zufällig, Radfahrer, Jogger, Pärchen beim romantischen Waldspaziergang. Daniel Hoesl und Julia Niemann erzählen diese Satire, die nur ein Jagdgewehr von der Wirklichkeit entfernt ist, in einer durchgehend trockenen, schwarzhumorigen Atmosphäre. Die Morde erscheinen so normal wie das Polospiel der Tochter (das mich an THE THOMAS CROWN AFFAIR erinnert hat), so normal wie sein Familiensinn und seine Verhandlungen mit der Regierung über eine neue Fabrik. Ein Aufbegehren erscheint naiv und sinnlos. Im Podcast direkt nach dem Kino diskutiere ich mit Johanna über die Absicht des sehenswerten Films, über die Unangreifbarkeit der Superreichen und über die sichtbaren Zeichen des Reichtums.…
Sexy ist der Film und unterhaltsam, ganz ohne Frage, aber ist BABYGIRL mehr als ein 50 SHADES OF GREY für Akademiker:innen? Im Mittelpunkt steht eine mächtige, erfolgreiche Unternehmerin Mitte 50, Mutter, Ehefrau, alles erreicht und dabei auch noch sehr attraktiv (perfekte Besetzung: Nicole Kidman). Aber der Preis für das perfekte Leben ist nicht nur Disziplin und Härte, sondern auch (sexuelle) Selbstverleugnung. Romy verdrängt ihre unerfüllten Neigungen bis sie Samuel kennenlernt: Nur ein Praktikant, aber genau der dominante Partner, den sie begehrt. Grenzüberschreitend sind dabei nicht die sexuellen Praktiken, auch nicht die selbstgewählte sexuelle Unterwerfung der Frau unter ihren Liebhaber. Grenzüberschreitend ist, dass Romy als mächtige CEO ein Verhältnis mit einem ihr anvertrauten Praktikanten beginnt. Die Machtverhältnisse werden zwischenzeitlich auf den Kopf gestellt, Romy wird erpressbar. BABYGIRL will aber keine düstere Tragödie sein. Regisseurin Halina Reijn geht es um Sex, um Befreiung, um Begehren und Orgasmen aus weiblicher Perspektive – und das gab es im Mainstreamkino zuletzt viel zu selten. Im Podcast direkt nach dem Film diskutieren wir, ob und wenn ja wie provokativ der Film eigentlich ist, wie aufregend oder nicht – und über Harris Dickinson, der uns schon in THE TRIANGLE OF SADNESS beeindruckt hatte. Am Mikrofon mit ganz unterschiedlichen Meinungen: Johanna, Heidi, Tom und Thomas.…
Biopics … Eigentlich nicht mein Genre: Oft werden die wichtigen Stationen abgehakt, aber der Mensch, der im Mittelpunkt steht, hat entweder klischeehafte Züge oder wird als Symbol aufgeladen. Das ist nicht Pablo Larrains Herangehensweise: MARIA konzentriert sich auf die letzte Lebenswoche von Maria Callas 1977 in Paris. Seit viereinhalb Jahren steht sie nicht mehr auf der Bühne, ihre einst übermenschliche Opernstimme hat sie nicht mehr unter Kontrolle. Sie ist tablettensüchtig, schwer krank und behandelt ihre Haushaltsdame und ihren Butler mit einer Mischung aus Liebe und Schikane. Von hier springen wir in ihre Erinnerungen, an die deutschen Soldaten in Griechenland, an die sie ihre Mutter verkauft hat, an Triumphe auf allen großen Opernbühnen, an Onassis, der ihr das Singen verboten hat. Steven Knight findet in seinem Drehbuch eine bemerkenswert gelungene Balance zwischen psychologischen Einblicken auf der einen Seite und Prominenz und Popkultur auf der anderen Seite. (Steven Knight ist übrigens der Regisseur und Drehbuchautor von LOCKE!) Im Podcast direkt nach dem Film rede ich mit Katharina über Angeline Jolie, die eine außergewöhnliche Leistung als Schauspielerin zeigt, über Puccini und halluzinierte Interviews, über verschobene Klaviere, die Sucht nach Anbetung, über Star-Status und berührende Szenen.…
Robert Eggers Version von NOSFERATU wollte ich unbedingt auf einer Kinoleinwand sehen. Und einen Wunsch hat mir Eggers erfüllt: Er hat eine optisch-hochwertige Fassung abgeliefert mit einem durchgehenden ästhetischen Konzept. Das ist handwerklich eine Eins mit Sternchen. Trotzdem ist der Film überraschend blutleer, keine Originalität, keine Subtilität, keine eigene Aussage. Stattdessen eine zum Teil interessante Musik ständig mit allen Reglern auf 12, besonders Defoe und Taylor-Johnson mit leicht unangenehmen Over-Acting und die deutsche Stimme von Nosferatu ganz hart an der ungewollten Parodie. Das ist keine Neuinterpretation, das ist maximal eine überflüssige Coverversion. Im Podcast direkt nach dem Kino reden wir über Murnau, der ganz neue Bilder geschaffen hat (die Prozession der Särge, Orloks Haus in Wismar), über Herzog mit seinem inspirierten Low Budget-Charme (das letzte Festessen der Pestgesellschaft!) und erinnern uns an sehenswerte und originelle Versionen des unsterblichen Vampirstoffes: vom anspruchsvollen SO FINSTER DIE NACHT oder DURST von Park Chan-wook oder BRAM STOKERS DRACULA von Coppola als prallvolles Abenteuer oder RENFIELD als durchgeknallte Gore-Komödie – ganz zu schweigen von Jarmuschs Meisterwerk ONLY LOVERS LEFT ALIVE … Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Hendrik, Tom und Thomas.…
Nachrichtenjournalist:innen entscheiden oft unter enormen Zeitdruck – es gibt zu wenig Informationen und viel zu wenig Zeit, um eine „richtige“ Entscheidung zu treffen. Dieses Dilemma der Aktualität, der Rausch der Atemlosigkeit, das ist das Thema von Tim Fehlbaums Film SEPTEMBER 5. Der Film schildert konsequent aus der Perspektive der ABC-Sportnachrichtenredaktion die Geschichte des Olympia-Attentats in München 1972, der Geiselnahme und Ermordung der jüdischen Sportler. Während das Team auf der einen Seite einfallsreich sein muss, um Live-Bilder des Geschehens zeigen zu können, brechen auf dem Flur hinter dem Regieraum Diskussionen zwischen den Verantwortlichen auf: Dürfen wir eine Erschießung live übertragen? Helfen die Live-Bilder der Terroristen, weil die Aktionen der Polizei zu sehen sind? Müssen wir wirklich auf eine zweite Bestätigung für die breaking news warten? Tim Fehlbaum gelingt es, die 21 Stunden der weltweit ersten Liveübertragung eines Attentats fast komplett im dunklen Regieraum zu zeigen, als Kammerspiel vor einer Wand von Monitoren, so atemlos im Rausch der aktuellen, sich überschlagenden Ereignisse, dass dem Publikum die 90 Minuten Laufzeit vorkommen wie 30 Minuten. Fehlbaum hat als Regisseur hinter der Kamera einen Regisseur vor der Kamera im Regieraum stehen – das ergibt eine Menge dramaturgischer Möglichkeiten, die er sehr geschickt nutzt. Botenberichte zum Beispiel, über Telefon, über das Radio, Schnitt über Anweisungen am Regiepult, entscheidende Szenen über einen Monitor, die Gleichzeitigkeit der Ereignisse über mehrere Monitore im Bild. Bewundernswert, dass in der knappen Lauflänge weitere Motive Platz finden: die deutsche Vergangenheit oder dass Frauen nicht ernst genommen werden. Ganz stark übrigens Leonie Benesch als Übersetzerin, die mehrmals die Initiative ergreift. Im Podcast direkt nach dem Film diskutieren wir unter anderem, wie der Film damit umgeht, dass die Berichterstattung für 900 Millionen wichtiger ist als die Sorge um die Geiseln und die Meinungen gehen bei uns durchaus auseinander, was denn die eigentliche Aufgabe der Journalist:innen ist. Schaut Euch den Film auf jeden Fall im englischsprachigen Original an. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Bettina, Katharina, Kathrin und Thomas. P.S. Wer sich für Journalismus im Film interessiert, sollte einen Blick werfen auf journalismusfilme.de von Patrick Torma, auch mit einer Filmkritik über September 5 . Die Podcastreihe Himmelfahrtskommando in der ARD Audiothek erzählt die Geschehnisse aus der Perspektive eines Polizisten.…
12 Menschen entscheiden über Schuld und Unschuld. Dieses US-amerikanische Jurysystem ist anfällig für unsere menschlichen Schwächen und ist deswegen immer wieder Gegenstand von Filmdramen. Der 94-jährige Clint Eastwood inszeniert seinen Gerichtsthriller JUROR #2 angenehm konventionell und setzt seine Mittel ebenso sparsam wie wirkungsvoll ein. Es wird ein moralisches Dilemma vorgeführt: Ein Jury-Mitglied erkennt, dass der unsympathische Angeklagte höchstwahrscheinlich nicht der Mörder ist – und dass es sich noch nicht einmal um einen Mord handelt. Aber die Wahrheit zu sagen, hätte für den Juror Nummer 2 tragische Konsequenzen … Es bleibt viel Raum für die Schauspieler:innen und die Entwicklung ihrer Figuren – vor allem Toni Colette als Staatsanwältin hat uns beeindruckt. Im Podcast direkt nach dem Kino diskutieren wir über die moralischen Strategiewechsel des Protagonisten, über den Blumenhandelpolizisten (J.K. Simmons) und nach der Spoilerwarnung über tragische Wendungen und das gelungene Filmende. Am Mikrofon: Johanna, Heidi, Kathrin, Hendrik und Thomas.…
Die Cousins David und Benji waren als Kinder und Jugendliche eng befreundet. Als Erwachsene unternehmen sie eine Gruppenreise nach Polen zum Geburtshaus ihrer Großmutter, die den Holocaust überlebt hatte. Die beiden Männer sind beide von Ängsten geprägt und gehen ganz unterschiedlich damit um: Der schüchterne David nimmt Tabletten, um im normalen Leben auf der Arbeit und in der Familie zu funktionieren und Benji, ja Benji ist ein charmanter, extrovertierter, übergriffiger, zutiefst trauriger und einsamer Mensch. Er bringt alles durcheinander, er ist sowohl eine echte Plage (eben a real pain) als auch eine disruptive Bereicherung für die Menschen in seinem Umfeld. Großer Respekt für Drehbuchautor und Regisseur Jesse Eisenberg, der hier die komplexe Innenwelt zweier jüdischer Jungs aus New York als subtile Tragikomödie erzählt. Beeindruckend schon wie David eingeführt wird: Panisch bombadiert er auf dem Weg zum Flughafen Benji mit Textnachrichten – aus Angst den Flug zu verpassen und aus Angst Benji könnte nicht da sein. Benji aber ist schon lange am Flughafen, vielleicht weil er seine Verzweiflung und Einsamkeit zwischen tausenden Reisenden besser ertragen kann. Sehr guter Film – auch wenn Chopin als Soundtrack nicht jedem gefallen wird. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Johanna und Thomas.…
Küche ist Krieg. Der Zeitdruck, der Leistungsdruck ist enorm. Die Küche in LA COCINA versammelt die Wehrlosen, die Schwachen der Gesellschaft: Einwanderer ohne Papiere, alleinerziehende Frauen. Ein Kosmos, in dem die Leidenschaft, die Wut, die Verzweiflung hochkochen. Regisseur Alonso Ruizpalacios führt uns ganz nah heran an die Menschen in dieser lauten, schnellen Kochmaschine, in der Träume aufgerieben werden und Menschen an ihre Grenzen kommen. Diese Küche ist eine Bühne des Lebens, so intensiv, dass wir den Dampf und die Hitze fühlen, während uns die Ohren klingeln vom Scheppern der Töpfe. Wir betreten diese Welt mit Estela, eigentlich zu jung für den Job und stoßen auf Pedro, der Julia liebt und um das ungeborene Kind kämpft. Um überhaupt in diesem Chaos eine Geschichte sichtbar zu machen, verzichtet Ruizpalacios auf Farbe, was überraschend gut funktioniert und dabei hilft, dass uns der Anblick des Essens nicht von den Menschen ablenkt. Und diese Menschen kämpfen um ihr Überleben und einer verliert dabei die Kontrolle. Ein sehenswerter Film, der unseren Blick auf diejenigen richtet, die schuften und arm bleiben, damit andere ihren Wohlstand und das Essen genießen können. Stark inszeniert mit einem großartigen Ensemble – vor allem Raúl Briones Carmona als Pedro, Rooney Mara als Julia und Anna Diaz als Estela. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Katharina und Thomas.…
Fünfter und letzter Film im Japanuary2025: TOKYO-GA von Wim Wenders ist eine Wallfahrt zum heiligen Ozu – einerseits mit Schwächen, andererseits mit großartigen Begegnungen und Interviews. Thomas hat im Podcast Lieblingsgast Lucas Barwenczik vor dem Mikrofon. Wim Wenders hat sich 1983 nach Japan aufgemacht – auf der Suche nach dem Tokio seines großen Regie-Idols Yasujiro Ozu. Dessen stille Filme mit klarer Form sind weltweit bekannt. Ozu beschäftigte sich stark mit Familienbeziehungen und den schwierigen Veränderungen Japans nach dem zweiten Weltkrieg. Mit Veränderungen hat Wenders in TOKYO-GA aber so seine Probleme: Er fremdelt unübersehbar mit dem Boom-Japan der 1980er Jahre – zu laut, zu bunt, zu modern, zu schnell, so gar nicht wie in Ozus Filmen. Dabei bleibt er überraschend oberflächlich, spricht nicht mit gleichaltrigen japanischen Kolleg:innen oder anderen Japanern. Aber er führt zwei beindruckende und berührende Interviews: mit Ozus Kameramann Yuharu Atsuta, der sein ganzes Berufsleben mit Ozu verbracht hat und Einblicke in Ozus Inszenierungsarbeit gibt – und mit Chishu Ryu, dem großartigen Schauspieler, der in fast allen Ozu-Filmen vor der Kamera stand und über die Maßen bescheiden ist. Allein für diese beiden Gespräche lohnt sich der Film. Im Podcast sprechen Lucas und Thomas unter anderem über Verehrung, Verklärung, Japan-Begeisterung, Wenders salbungsvolle Kommentare und Werner Herzogs beleidigte Landschaft.…
Vierter Film im Japanuary2025: KEY OF LIFE von Kenji Uchida ist eine gelungene Genre-Mischung zwischen RomCom, Verwechslungskomödie und Killer-Thriller. Großer Vorteil: Die Gags werden nicht zu albern, die Charaktere bleiben interessante, komplexe Figuren, die uns als Zuschauer interessieren. Twists gehören dazu – und einige haben wir echt nicht kommen sehen. Am Mikrofon direkt nach dem Film mit ihrem ersten Eindruck: Johanna, Hendrik, Tom und Thomas.…
Für den #Japanuary2025 hatte uns der Name Akira Kurosawa uns angelockt: Der berühmteste und erfolgreichste japanische Regisseur hat als Alterswerk 1990 einen Episodenfilm gedreht, acht Vignetten, ein Skizzenbuch voller Träume. Wir waren aber kein dankbares Publikum. Es muss einen roten Faden geben in diesen acht Episoden, aber wir haben ihn nicht gefunden. Für uns standen die Geschichten durch alle Jahreszeiten, durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, von Kindheit bis hohem Alter unverbunden nebeneinander: Ein Junge, der eine Fuchshochzeit beobacht, obwohl das Unglück bringt, ein Pfirsichgarten, eine wunderschöne aber lebensgefährliche Schneefee, Katastrophen, gefallene Soldaten, die roten Pfützen der Hölle … Als Schauspieler fallen uns Chishū Ryū und Martin Scorsese auf. Kurosawa setzt bewusst auf eine Theaterästhetik, die keine suspension of disbelief erlaubt, bietet aber beeindruckende Bilder. Ohne ein Narrativ wirken die Geschichten auf uns am Ende oberflächlich, mitunter naiv. Vielleicht würden Kurosawas Träume sehr gewinnen, wenn man mehr über die persönlichen Hintergründe wüsste. Am Mikrofon direkt nach dem Film mit dem ersten Eindruck: Johanna, Hendrik und Thomas.…
Der Film ließ uns mit gemischten Gefühlen zurück: Auf der einen Seite erzählt Nakanos Film intensiv von der Beziehung zwischen Futaba (Rie Miyazawa) und ihrer Tochter Azumi (Hana Sugisaki), gerade auch vor dem Hintergrund des Mobbings in der Schule. Überhaupt zieht sich das Motiv Mutter-Tochter durch den Film, immer wieder ist Futaba die, die Töchter aufnimmt, die von ihren Müttern zurückgelassen worden sind. Auf der anderen Seite ist das Motiv von Futabas nahendem Tod ein dicker, melodramatischer Pinsel, der für uns gar nicht nötig gewesen wäre. Futaba ist wie eine Heilige, überall tröstet sie, gibt Kraft, putzt, arbeitet, kocht, hält alles für ihre Lieben zusammen. Am Ende braucht es fünf Menschen, um ihre Lücke auch nur halbwegs zu füllen. Diese Verherrlichung von Futaba überdeckt das eigentliche Problem: Dass sie als Mutter mit dem Mental Load des Lebens wie so viele Frauen alleine gelassen ist. Die individuelle Großartigkeit lenkt ab vom systemischen Problem. Von diesen Gedanken abgesehen ein hervorragend gespielter Film mit großartigen Darstellerinnen. Es hilft auf jeden Fall, wenn man als Zuschauer:in eine Vorliebe für das Meldodram mitbringt. Am Mikrofon direkt nach dem Film mit ihrem ersten Eindruck: Johanna und Thomas.…
SchönerDenken ist Teil des Keisuke-Kinoshita-Podcasts . Wir schauen alle Filme des japanischen Meisterregisseurs Keisuke Kinoshita an, die wir sehen können. Thomas hat sich diesmal Lucas Barwenczik eingeladen, um mit ihm über DER FLUSS FUEFUKI zu sprechen. DER FLUSS FUEFUKI ist der erste Film, den wir für den Japanuary 2025 geschaut haben. Der Film basiert auf einem Roman von Shichirō Fukazawa und zeigt das Leben einer einfachen Familie während der Sengoku-Periode im 16. Jahrhundert, zwischen der Schlacht von Iidagawara 1521 bis zur Schlacht von Tenmokuzan 1582. Die Geschichte wird dabei aber nicht wie sonst üblich aus der Perspektive des berühmten Takeda-Clans erzählt sondern konsequent sondern aus der Perspektive einer armen Familie am Fluss Fuefuki. Die Familie wird aber immer wieder in die Kriegsgeschehnisse hineingezogen – der Vater Sadahei (Takahiro Tamura) und die Mutter Okei (Hideko Takamine) versuchen verzweifelt ihre Kinder vom Kriegsdienst fernzuhalten, um ihr Leben zu retten. DER FLUSS FUEFUKI zeigt fünf verschiedene Generationen und eine Vielzahl von Personen, bevor im letzten Drittel sich alles auf Okeis Kampf um das Leben ihrer Kinder konzentriert. Es ist dabei schwer beim ersten Schauen einen emotionalen Zugang zu bekommen, so sehr ist man als Zuschauer damit beschäftigt, die Übersicht zu behalten. Beim zweiten Anschauen entfaltet der Film dann seine emotionale Wucht und die Identifikation mit den Protagonisten funktioniert. Im Podcast diskutieren Thomas und Lucas darüber, ob DER FLUSS FUEFUKI ein untypischer Kinohsita-Film ist, über die Frage, ob Kinoshita sich um die Frage der persönlichen Schuld der Japaner drückt und über die experimentellen Farbelemente in diesem Schwarzweissfilm. Hier zur besseren Orientierung der Familienstammbaum: Der Film aus dem Jahr 1960 ist als DVD erhältlich. Es ist der zweite Film von Keisuke Kinoshita, den wir ohne Micha besprochen haben. Wir werden die mit Micha begonnene Tradition fortführen und in unregelmäßigen Abständen und wechselnden Gästen alle weiteren uns zugänglichen Filme von Keisuke Kinoshita besprechen. Michaels sehr empfehlenswerten Blog Schneeland findet Ihr hier . Den Filmpodcast SchönerDenken findet Ihr hier . Vielen Dank an Michael Meier von Kompendium des Unbehagens für die Unterstützung beim Jingle. Grüße nach Osaka! Liste der Filme von SchönerDenken im #Japanuary2025 Alles über den #Japanuary und die Teilnehmer . Über unseren Gast Der Filmkritiker Lucas Barwenczik ist bekannt als Podcaster bei cuts und Kulturindustrie, er schreibt für kino-zeit.de, den Filmdienst, Filmstarts. Dass er alle Filme, die jemals gedreht worden sind, gesehen haben soll (zwei Mal!), ist natürlich nicht wahr – aber es fühlt sich so an 🙂 Seit wir 2017 gemeinsam im TEE Rheingold unterwegs waren, ist Lucas ein häufiger und besonders lieber Gast von SchönerDenken. Hier alle Episoden von SchönerDenken, bei denen Lucas zu Gast war – viele gemeinsame Episoden haben wir auf dem japanischen Filmfestival Nippon Connection in Frankfurt am Main aufgenommen.…
Uns ist diese Männersekte so vertraut, so sehr Teil unserer Kultur, dass wir das Absurde an der katholischen Kirche oft gar nicht mehr richtig wahrnehmen. Das bedeutet, dass eine Papstwahl sehr mit vertrauten Elementen spielen kann: Die Kleidung, die Rituale, die goldenen Kreuze und Ringe, die dienenden Nonnen im Hintergrund, die Machtkämpfe, die Heuchelei und mit dem Vatikan und der Sixtinischen Kapelle großartige Locations. All das nutzt Edward Berger in der Verfilmung des Romans von Robert Harris. Er wechselt immer wieder zwischen zurückhaltendem Kammerspiel auf der einen Seite und großartigen Bildkompositionen (die Schirme!) und Inszenierung der Architektur auf der anderen Seite. Im Mittelpunkt steht Ralph Fiennes als Kardinal Lawrence, der beim Versuch das Konklave würdevoll durchzuführen, die letzten Illusionen über seine Mitkardinäle verliert. Und die Entwicklung, die Kardinal Lawrence durchmacht, ist auch der Kern des Films, getragen vom wieder großartigen Ralph Fiennes. Dazu gibt es ein paar Twists, die wir nicht haben kommen sehen. Ein sehenswerter, gelungener Film über Machtgier, Intrigen und Kämpfe hinter den Kulissen. Am Mikrofon: Johanna, Bettina, Peter, Hendrik und Thomas.…
In vier Folgen widmen wir uns Gillo Pontecorvos Meisterwerk SCHLACHT UM ALGIER. In der vierten und letzten Folge beschäftigen wir uns mit den filmischen Mitteln. Für diesen wirklich herausragenden Film habe ich mir kompetente Unterstützung geholt: Dr. Joachim Görgen, der sowohl in Frankreich als auch in Algerien als ARD-Korrespondent gearbeitet hat. Worum geht es? Wir sind in Algier 1957. Die Franzosen sind die Kolonialmacht in Algerien, französisches Militär und Polizei kontrollieren alles, sie bilden eine zivile, offenbar wohlhabende Oberschicht. Einige Algerier der FLN beginnen einen Aufstand, ausgehend von der Kasbah, der Altstadt in Algier. Polizisten werden getötet, es werden gegenseitig Bombenattentate verübt. Die französischen Fallschirmjäger werden gerufen – der Kommandeur Colonel Mathieu jagt die Anführer des Aufstands, vor allem Ali la Pointe. Grausamkeiten von beiden Seiten wie die Folter von Verdächtigen durch die Franzosen und die Morde der FLN an „Verrätern“ sehen wir ungeschönt. Der italienische Regisseur Gillo Pontecorvo hat den Film 1966, also bereits vier Jahre nach Ende des Algerienkriegs, gedreht – unter besonderen Umständen. In dieser vierten und abschließenden Folge fragen wir uns: Wer steckt hinter dem Film? (Regie, Schauspieler, Musik, Produktion) Durch welche filmischen Mittel entsteht der „authentische“ Eindruck? (Perspektiven, Schnitt, Kameratechnik). Ist der Film Teil des italienischen Neorealismus, bzw. des Cinéma Vérité? Wir sprechen über den Regisseur Pontecorvo, der Widerstandskämpfer gewesen war, bevor er sich der Fotografie und dem Film zuwandte und über seinen Film KAPO von 1955. Wir reden über den einzigen ausgebildeten Schauspieler Jean Martin (der selbst Widerstandskämpfer und Fallschirmjäger gewesen war), staunen, dass Pontecorvo den Cutter austauschte, um den Film einen rauen, nachrichtlichen Ton zu geben. Und wir diskutieren die Rolle des FLN-Führers Saadi Yacef, der nicht nur als Darsteller und Produzent von großer Bedeutung für den Film war.…
In vier Folgen widmen wir uns Gillo Pontecorvos Meisterwerk SCHLACHT UM ALGIER. In der dritten Folge beschäftigen wir uns mit der Rezeptionsgeschichte. Für diesen wirklich herausragenden Film habe ich mir kompetente Unterstützung geholt: Dr. Joachim Görgen, der sowohl in Frankreich als auch in Algerien als ARD-Korrespondent gearbeitet hat. Worum geht es? Wir sind in Algier 1957. Die Franzosen sind die Kolonialmacht in Algerien, französisches Militär und Polizei kontrollieren alles, sie bilden eine zivile, offenbar wohlhabende Oberschicht. Einige Algerier der FLN beginnen einen Aufstand, ausgehend von der Kasbah, der Altstadt in Algier. Polizisten werden getötet, es werden gegenseitig Bombenattentate verübt. Die französischen Fallschirmjäger werden gerufen – der Kommandeur Colonel Mathieu jagt die Anführer des Aufstands, vor allem Ali la Pointe. Grausamkeiten von beiden Seiten wie die Folter von Verdächtigen durch die Franzosen und die Morde der FLN an „Verrätern“ sehen wir ungeschönt. Der italienische Regisseur Gillo Pontecorvo hat den Film 1966, also bereits vier Jahre nach Ende des Algerienkriegs, gedreht – unter besonderen Umständen. Nachdem wir uns in der zweiten Folge mit den historischen Hintergründen beschäftigt haben, werfen wir diesmal einen Blick werfen auf die Rezeption und stellen uns folgende Fragen: Wie war die Rezeption damals 1966? Wie lange gab es Aufführungsverbote? Wie war die Rezeption 2004 als der Film einer breiteren frz. Öffentlichkeit bekannt wurde? Und schließlich; Wie schätzen andere Regisseur:innen den Film ein? Bernd Nitzschke schrieb: „In welcher Liga dieser Film angesiedelt ist, kann man durch die Passage eines Briefes verdeutlichen, den Billy Wilder 1994 an Steven Spielberg schrieb, in dem er dessen Film Schindlers Liste mit den Worten würdigte: „Was Sie geschaffen haben, ist mehr als bloß ein Film. Es ist […] ein ‚Panzerkreuzer Potemkin’‘ oder eine ‚Schlacht um Algier‘. Es ist schwarz-weiß. […] Es ist wahr. Es wurde nicht von Hollywood vorgegaukelt. Es ist wahr. Es ist ein leiser, quälender Schrei […]“ (zit. nach Karasek 2006). Genauso kann man den Film Schlacht um Algier charakterisieren: Er ist wahr. Er gaukelt nichts vor. Er ist ein leiser, quälender Schrei, der den Zuschauern durch Mark und Bein geht.“ Im Podcast sprechen wir u.a. darüber, dass der Film für verschiedene Seiten als miltärische Lehrstunde eingesetzt wurde. Auch den Offizieren der US-Streitkräfte wurde SCHLACHT UM ALGIER 2003 vorgeführt, um sie auf die Guerilla-Taktiken vorzubereiten. Wir werfen einen Blick auf die Einschätzung verschiedener Filmregisseur:innen, zum Beispiel Spike Lee, Steven Soderbergh und Oliver Stone, diskutieren über die Aufführungsverbote in Frankreich und zitieren Angela Errigo: „Der Film macht keinen Hehl aus seiner antikolonialistischen Überzeugung; aber furchtbare und herzzerreißende Szenen von Gräueltaten und Vergeltungsmaßnahmen sind lobenswert ausgewogen und zeigen beide Seiten des Konflikts und seinen schrecklichen menschlichen Preis. Der Film ist packend von Anfang bis Ende. […] Er hat nichts von seiner leidenschaftlichen Kraft verloren.“ Tom Schünemann von filmsucht.org sagt: „Gillo Pontecorvo erzählt diesen Konflikt ohne eine klassische Dramaturgie und verzichtet auch auf eine detaillierte Figurenzeichnung. Der französische Colonel und einige algerische Widerstandskämpfer spielen zwar eine wichtige Rolle, doch wir erleben die Akteure stets von außen; ihre private Seite und ihre innere Überzeugungen enthält uns der Film vor. Indem sich Schlacht um Algier von etwaigen Helden und einer an sie gebundenen Erzählung freimacht, kann sich Gillo Pontecorvo aus einer ambivalenten Position durch den Konflikt bewegen. Statt Einzelschicksale von Protagonisten in ein dramaturgisches Korsett zu pressen, konzentriert sich der italienische Regisseur auf das Gesamtbild und schildert den Krieg in Algier in vielen kleinen Episoden, die sich über mehrere Jahre erstrecken. (…) Aufgrund seiner eigentlich gegensätzlichen Mischung aus dokumentarischer Übersicht und fesselnder Distanzlosigkeit zählt Schlacht um Algier zu den unkonventionellsten Antikriegsfilmen – und zu den besten.“…
In vier Folgen widmen wir uns Gillo Pontecorvos Meisterwerk SCHLACHT UM ALGIER. In der zweiten Folge beschäftigen wir uns mit den historischen Zusammenhängen. Für diesen wirklich herausragenden Film habe ich mir kompetente Unterstützung geholt: Dr. Joachim Görgen, der sowohl in Frankreich als auch in Algerien als ARD-Korrespondent gearbeitet hat. Worum geht es? Wir sind in Algier 1957. Die Franzosen sind die Kolonialmacht in Algerien, französisches Militär und Polizei kontrollieren alles, sie bilden eine zivile, offenbar wohlhabende Oberschicht. Einige Algerier der FLN beginnen einen Aufstand, ausgehend von der Kasbah, der Altstadt in Algier. Polizisten werden getötet, es werden gegenseitig Bombenattentate verübt. Die französischen Fallschirmjäger werden gerufen – der Kommandeur Colonel Mathieu jagt die Anführer des Aufstands, vor allem Ali la Pointe. Grausamkeiten von beiden Seiten wie die Folter von Verdächtigen durch die Franzosen und die Morde der FLN an „Verrätern“ sehen wir ungeschönt. Der italienische Regisseur Gillo Pontecorvo hat den Film 1966, also bereits vier Jahre nach Ende des Algerienkriegs, gedreht – unter besonderen Umständen. In dieser Folge stellen wir uns folgende Fragen: Was passierte in Algerien seit die Franzosen 1830 auftauchten, was passierte vor dem Aufstand, während des Aufstands, danach? Welche Auswirkungen hat das bis in die Gegenwart und: Gewalt, Terror, Folter als Mittel der Politik? Wie war die Rezeption damals, Aufführungsverbote, Rezeption 2004, Rezeption von anderen Regisseur:innen? Was halten die Franzosen heute vom Film? Wir sprechen über eine tragische Geschichte, die 1830 mit der ersten Besetzung begonnen hat, mit dem Fehler, ein Land als Teil der Republik zu betrachten, den Einheimischen aber nicht die Bürgerrechte der Republik zu geben. Wir sprechen über Schwarzstiefel und die grausame „Französische Doktrin“. Die dritte Folge erscheint am 15. Dezember und widmet sich der Rezeptionsgeschichte.…
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