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„Ivo“ von Eva Trobisch – Unsentimentaler Film über eine Palliativpflegerin und das Tabuthema Sterbehilfe

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Der Tod als Arbeitsalltag

Ivo, eine Frau mittleren Alters, ist Krankenschwester im Palliativbereich, sie pflegt Menschen in der letzten Lebensphase. Täglich fährt sie in unterschiedliche Haushalte, sieht jeden Tag andere Menschen: Familien, Paare und Einzelpersonen. Die leben in kleinen Wohnungen oder großen Häusern. Sie haben unterschiedliche Lebens- und Sterbegeschichten, gehen unterschiedlich mit der Zeit um, die ihnen noch bleibt.

Emotionen verschwinden hinter Professionalität

Mitunter wird dieser Film zu einem halbdokumentarischen Panoptikum kleinbürgerlicher Lebensverhältnisse, und Hauptfigur Ivo zu einem Avatar des Publikums, mit dem dieses in Welten eintauchen kann, die ihm sonst verschlossen bleiben. Ivo verbirgt ihre Emotionen hinter ihrer Professionalität, so wie sie auch ihren Patienten schmerzstillende Mittel gibt. Ivos Tochter im Teenageralter braucht sie nicht mehr, auch der Hund hat sich selbstständig gemacht. Ivo verbringt die Tage in ihrem alten Skoda, den sie zu ihrem persönlichen Freiraum umgestaltet hat. Dort isst sie, singt, flucht und träumt. Dort erledigt sich auch große Teile ihrer Arbeit per Freisprechtelefon.

Schutz suchen vor den Zumutungen des Sterbens der Anderen

Ivo hat über die Jahre gelernt, eine professionelle Distanz zu ihren Patienten aufzubauen, auch um sich selbst von den Zumutungen des Sterbens der Anderen zu schützen. Eine ihrer Patientinnen, Solveigh, war schon vor ihrer Erkrankung eine enge Freundin. Mit deren Mann Franz hat sie eine Beziehung begonnen. Beide arbeiten zusammen, um Solveigh jeden Tag zu pflegen, und sie haben heimlich Sex miteinander.

Konflikt um selbstbestimmtes Sterben

Solveigh wird immer schwächer, bald ist sie bei den einfachsten Verrichtungen auf fremde Hilfe angewiesen. Nun möchte sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und bittet Ivo, ihr dabei zu helfen, ihr Leben zu beenden. Franz soll nichts davon erfahren. Es ist dieser Konflikt, der den Film voran treibt: Ob und wie es möglich sein könnte, sein Leben selbstbestimmt zu beenden, und die Frage was Umwelt und Mitmenschen das überhaupt angeht, und wie sie damit umgehen?

Großzügiger Umgang mit dem Verhaltenskodex für Paliativschwestern

So erzählt Regisseurin Eva Trobisch in ihrem zweiten Film auf sehr unsentimentale und wenig dramatische Weise vom Alltag ihrer Figuren und von moralischen Fragen. Die einzige Behauptung, die der Film aufstellt, ist die, dass Distanz nicht funktioniert. Am stärksten ist „Ivo“ da, wo er selbst unsentimental bleibt und eine Hauptfigur zeigt, die kein Engel ist, die mit dem Verhaltenskodex für Palliativpfleger undogmatisch umgeht.

„Ivo“ wirft einen kühlen Blick auf das moderne Leben

Dies ist eine intelligente Erzählweise, die nie in eine süßliche Moralfabel abgleitet, sondern unbeirrt einen kühlen Blick auf das moderne Leben wirft: Ist es wirklich klug, sein Leben um jeden Preis zu bewahren? Ist Einsamkeit wirklich das große Leiden unserer Gegenwartsgesellschaften, oder auch eine Zuflucht aus ihren Zumutungen? Stilistisch bemüht sich die Filmemacherin um eine zurückhaltend-minimalistische, wenig emotionalisierende und offene Erzählweise. Ihr Film wirkt dadurch bei aller Professionalität leicht etwas kühl. Zugleich entgeht auch Trobisch nicht immer der Gefahr, dass ihr Film illustrativ wird.

Trailer „Ivo“, ab 20.6. im Kino

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Ivo, eine Frau mittleren Alters, ist Krankenschwester im Palliativbereich, sie pflegt Menschen in der letzten Lebensphase. Täglich fährt sie in unterschiedliche Haushalte, sieht jeden Tag andere Menschen: Familien, Paare und Einzelpersonen. Die leben in kleinen Wohnungen oder großen Häusern. Sie haben unterschiedliche Lebens- und Sterbegeschichten, gehen unterschiedlich mit der Zeit um, die ihnen noch bleibt.

Emotionen verschwinden hinter Professionalität

Mitunter wird dieser Film zu einem halbdokumentarischen Panoptikum kleinbürgerlicher Lebensverhältnisse, und Hauptfigur Ivo zu einem Avatar des Publikums, mit dem dieses in Welten eintauchen kann, die ihm sonst verschlossen bleiben. Ivo verbirgt ihre Emotionen hinter ihrer Professionalität, so wie sie auch ihren Patienten schmerzstillende Mittel gibt. Ivos Tochter im Teenageralter braucht sie nicht mehr, auch der Hund hat sich selbstständig gemacht. Ivo verbringt die Tage in ihrem alten Skoda, den sie zu ihrem persönlichen Freiraum umgestaltet hat. Dort isst sie, singt, flucht und träumt. Dort erledigt sich auch große Teile ihrer Arbeit per Freisprechtelefon.

Schutz suchen vor den Zumutungen des Sterbens der Anderen

Ivo hat über die Jahre gelernt, eine professionelle Distanz zu ihren Patienten aufzubauen, auch um sich selbst von den Zumutungen des Sterbens der Anderen zu schützen. Eine ihrer Patientinnen, Solveigh, war schon vor ihrer Erkrankung eine enge Freundin. Mit deren Mann Franz hat sie eine Beziehung begonnen. Beide arbeiten zusammen, um Solveigh jeden Tag zu pflegen, und sie haben heimlich Sex miteinander.

Konflikt um selbstbestimmtes Sterben

Solveigh wird immer schwächer, bald ist sie bei den einfachsten Verrichtungen auf fremde Hilfe angewiesen. Nun möchte sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und bittet Ivo, ihr dabei zu helfen, ihr Leben zu beenden. Franz soll nichts davon erfahren. Es ist dieser Konflikt, der den Film voran treibt: Ob und wie es möglich sein könnte, sein Leben selbstbestimmt zu beenden, und die Frage was Umwelt und Mitmenschen das überhaupt angeht, und wie sie damit umgehen?

Großzügiger Umgang mit dem Verhaltenskodex für Paliativschwestern

So erzählt Regisseurin Eva Trobisch in ihrem zweiten Film auf sehr unsentimentale und wenig dramatische Weise vom Alltag ihrer Figuren und von moralischen Fragen. Die einzige Behauptung, die der Film aufstellt, ist die, dass Distanz nicht funktioniert. Am stärksten ist „Ivo“ da, wo er selbst unsentimental bleibt und eine Hauptfigur zeigt, die kein Engel ist, die mit dem Verhaltenskodex für Palliativpfleger undogmatisch umgeht.

„Ivo“ wirft einen kühlen Blick auf das moderne Leben

Dies ist eine intelligente Erzählweise, die nie in eine süßliche Moralfabel abgleitet, sondern unbeirrt einen kühlen Blick auf das moderne Leben wirft: Ist es wirklich klug, sein Leben um jeden Preis zu bewahren? Ist Einsamkeit wirklich das große Leiden unserer Gegenwartsgesellschaften, oder auch eine Zuflucht aus ihren Zumutungen? Stilistisch bemüht sich die Filmemacherin um eine zurückhaltend-minimalistische, wenig emotionalisierende und offene Erzählweise. Ihr Film wirkt dadurch bei aller Professionalität leicht etwas kühl. Zugleich entgeht auch Trobisch nicht immer der Gefahr, dass ihr Film illustrativ wird.

Trailer „Ivo“, ab 20.6. im Kino

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