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Welche Bücher sind neu, was läuft im Kino, wie sieht die Festivalsaison aus und worüber diskutieren Kulturwelt und Kulturpolitik? Im Podcast SWR Kultur Aktuell widmen wir uns täglich den Nachrichten, mit Hintergründen, Gesprächen, Kritiken und Tipps. Damit Sie nichts Wichtiges mehr verpassen! Zur Sendung in der ARD Audiothek: https://www.ardaudiothek.de/sendung/swr2-kultur-aktuell/12779998/
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1 Herta Lueger, Patricia Lueger – Bardame gesucht. Zimmer vorhanden 4:09
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Anfang der Neunzigerjahre stand Herta Lueger in München vor Gericht, wegen Zuhälterei. Damals war Sexarbeit in Deutschland noch verboten, offiziell war Bayerns Landeshauptstadt ein einziger Sperrbezirk. Doch die Münchner Sexclub-Betreiberin und Stardomina hatte Glück. Unter der Auflage, aus dem Geschäft auszusteigen, kam sie mit 15 Monaten Bewährung davon. Und hatte so die Gelegenheit, sich noch einmal neu zu erfinden: mit einem Friseursalon für Münchens High Society und als Visagistin von Stars wie Hildegard Knef. Dass sie zuvor 20 Jahre lang führend in der Szene gewesen war, war dem Richter offenbar nicht bekannt gewesen – er hätte es der damaligen Mittvierzigerin wohl auch nicht zugetraut. Schließlich rätselte er noch bei der Urteilsverkündung, wie eine wie sie denn nur ins Milieu gekommen sei. Es müsse ihr doch schwergefallen sein? Das gängige Vorurteil besagt, dass die meisten Frauen in diesem Geschäft schwache Menschen sein müssen. Doch ich habe mich nie als Opfer empfunden. Ich dachte eher, wenn die anderen das können, kann ich es auch. Quelle: Herta Lueger, Patricia Lueger – Bardame gesucht. Zimmer vorhanden Besonderer Fall weiblicher Selbstermächtigung „Bardame gesucht, Zimmer vorhanden“: Unter diesem Titel hat Herta Lueger nun ihre Autobiografie vorgelegt. Geschrieben hat sie sie mithilfe ihrer Tochter, der Schauspielerin Patricia Lueger. Erschienen ist das 250-Seiten-Werk im renommierten Verlag Matthes und Seitz, und das durchaus zurecht: Schließlich geht es hier um einen faszinierenden Einblick in ein Stück deutscher Sitten- und Milieugeschichte. Und zugleich um einen besonderen Fall weiblicher Selbstermächtigung. Erstaunlich ist Herta Luegers Lebensweg auch mit Blick auf ihre Herkunft: Geboren 1947 im österreichischen Burgenland, sei für sie als Frau ein ganz anderes Leben vorgesehen gewesen, erinnert sich die heute 78-Jährige: Schuften auf dem Rübenacker, früh heiraten und Kinder kriegen. So kam es denn zunächst auch, nur dass sie anstelle des Ackers den Friseursalon wählte. Doch nach ihrer Scheidung von ihrem ersten Mann, einem Alkoholiker, versuchte sie 1972 ihr Glück in München, wo sie aus Zufall einen Job als Bardame fand. Um als damals noch naive junge Frau vom Land aus dem Staunen nicht mehr herauszukommen. Das Geschäft als Domina lernte Herta Lueger über eine Freundin kennen und fand rasch Gefallen daran: nicht nur, weil hier Berühren verboten war. Sondern auch, weil sie mit ihrer Peitsche ein Ventil für ihren Frust über die patriarchalen Verhältnisse fand. Im richtigen Leben empfand ich mich als liebevolle Ehefrau und Mutter, im Studio war ich wie ausgewechselt. Aus meiner Zeit im Burgenland hatte ich noch eine Menge Wut auf manche Männer, und die ließ ich im Studio raus. Quelle: Herta Lueger, Patricia Lueger – Bardame gesucht. Zimmer vorhanden Augenarzt spielte Zofe Zu ihren Gästen zählten Banker, Landwirte, Anwälte und erstaunlich viele Ärzte. Wie jener Augenarzt, der sich immer als Zofe verkleiden wollte. In ihrem eigenen Club herrschte, wie überall im Milieu, die Kunst der Illusion: Freiern wurde Sex vorgegaukelt, der real gar nicht stattfand; eine „heiße Spanierin“ stammte in Wahrheit aus Niederbayern, und auch im SM-Studio musste die Inszenierung perfekt sein. Und zwar bis zuletzt. Einmal habe sie einem älteren Gast beim Abschied in den Mantel geholfen: ein fataler Fehltritt einer „Herrin“ gegenüber ihrem „Sklaven“, so Lueger. Ihre Autobiografie ist eingängig geschrieben, unterhaltsam zu lesen und randvoll mit komischen Anekdoten. Doch bleibt einem das Lachen mehr als einmal im Halse stecken. Denn auch wenn man über die Schattenseiten des Milieus gern noch mehr erfahren hätte, verschwiegen werden sie nicht, im Gegenteil: Gleich das erste Kapitel erinnert an eine junge Prostituierte, die ermordet wurde. Sie selbst sei immer „wie auf Wolken über allen Gefahren geschwebt“, erinnert sich Herta Lueger. Wie viel Glück sie zeitlebens hatte, ist der heute 78-Jährigen also wohl bewusst.…
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1 Poetik des Widerstands: Rhea Dillon im Heidelberger Kunstverein 3:44
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Zehn holzkistenartige Objekte in einem ansonsten fast leeren Raum Betritt man den hohen, lichtdurchfluteten Raum des Heidelberger Kunstvereins, konzentriert sich der Blick unweigerlich – weil der Raum ansonsten nahezu leer ist – auf die zehn Skulpturen, die Rhea Dillon eigens für die Ausstellung geschaffen hat. Die holzkistenartigen Objekte – knapp einen Meter hoch und ca. 1,25 Meter breit, lehnen an den Wänden. Zwei liegen auf dem Boden in der Mitte des Ausstellungsraumes. Die Künstlerin hat jeweils links unten in die Holzboxen eine Zeichnung auf Papier gelegt. Mit verschiedenfarbigen Ölstiften hat Dillon darauf je ein Pik-Ass gezeichnet. Pi-Asse als Symbole für Rassismus Mit einem Kartenspiel hat das allerdings nichts zu tun, erklärt Kurator Sören Grammel: „Die Pik-Asse heißen ja im Britischen ‚Spades‘ – das bedeutet auch ‚Spaten‘. Und ‚Spade‘ war in Großbritannien ab den 1940er-, 50er-Jahren ein rassistischer, herabwürdigender Begriff für Schwarze Menschen – insbesondere für Angehörige der sogenannten Windrush Generation, die zwischen den 50er- und 70er-Jahren aus der Karibik kamen.“ Rhea Dillon, 1996 in London geboren, ist selbst Nachfahrin dieser Windrush-Generation. Der Begriff geht auf das Schiff „Empire Windrush“ zurück, mit dem 1948 die ersten Menschen aus der Karibik nach Großbritannien übergesetzt wurden. Viele wurden gezielt angeworben, um beim Wiederaufbau des Landes zu helfen. Ein ursprünglich verletzender Begriff wird umgewandelt Die erste Generation und ihre Nachkommen haben in der britischen Gesellschaft wortwörtlich Spuren hinterlassen – ihr Leben dagegen ist bis heute von anhaltendem und strukturellem Rassismus geprägt. „Dillon erkennt in diesem Symbol eine koloniale Aufladung, erklärt Grammel, „und bearbeitet sie kritisch durch Wiederholung und Variation. So gibt sie jedem ‚Spade‘ eine neue Würde. Der ursprünglich verletzende Begriff wird umgewandelt: vom Angriff zum Schutzschild.“ Mit dieser Holzart wurden einst die Schiffe der Versklavung gebaut Auch das Material der Skulpturen ist nicht zufällig gewählt. Dillon arbeitet mit Sapeli-Mahagoni – einem kostbaren Hartholz aus dem tropischen Afrika. Aus diesem Holz wurden einst Schiffe gebaut, die nicht nur geraubte Rohstoffe aus den Kolonien transportierten, sondern auch Menschen in die Versklavung in Großbritannien verschleppten. Dillons Ausstellung im Heidelberger Kunstverein kann als Verdichtung eines politischen Diskurses gewertet werden. Als Aktivistin versteht sie sich aber nicht, sagt sie: „Ja, ich möchte mit meiner Kunst etwas erreichen. Aber ich bin nicht so naiv zu glauben, dass Kunst allein Missstände beheben kann. Ich will Bewusstsein schaffen und Denkprozesse anstoßen.“ Dillons Werke thematisieren Kolonialgeschichte und schwarze Identität Dieser Anspruch zeigt sich schon im Titel der Ausstellung: „Gestural Poethics“ – Eine Poetik des Gestischen – wobei Dillon auch eine Ethik des Gestischen meint. Die Künstlerin selbst spricht explizit von einer „ästhetischen Verweigerung“: Ihre Werke thematisieren Kolonialgeschichte und schwarze Identität – aber nicht durch laute Anklage, sondern durch subtile, mehrdeutige Gesten. Sie verwendet bewusst den Begriff Opazität (Unschärfe, Undurchsichtigkeit) – ein Konzept des karibischen Philosophen Édouard Glissant. Damit betont sie das Recht auf Nicht-Erklärbarkeit. Ihre Kunst muss nicht verstanden werden – sie darf Fragen aufwerfen, Widersprüche enthalten, sich dem weißen Blick entziehen. „Gestural Poethics“ ist ein poetisches Manifest – leise, aber entschieden. Eine Einladung, das eigene Sehen zu hinterfragen.…
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1 Nachtträumerisches Zaubertheater: „Alcina“ überzeugt in Frankfurt 3:44
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Eine zeitlose Oper Der Barock ist längst ein zeitloser Stil geworden: der Faltenwurf, das Ornament, die sinnliche Lust an Form und Farbe, die Bilderflut, aber auch die Idee der Vanitas, der Nichtigkeit allen Daseins. Für Regisseur Johannes Erath ist dies in seiner Inszenierung von Georg Friedrich Händels „Alcina“ an der Oper Frankfurt zum Prinzip einer Oper aus dem Zeitalter des Barocks geworden. Aber eben zeitlos gültig. Hier gibt es im brillanten Bühnenbild von Kaspar Glanert nichts historisch Rekonstruiertes, sondern ein neobarockes, hermetisch in sich abgeschlossenes Appartement, ganz gehalten in nerdigem Schwarz, als sei dessen Bewohnerin eine Vertreterin des dekadenten Dandykults. In der Tat verführt Alcina die sich in ihre Wohnsituation Verirrenden mit den blühendsten Oberflächen extravaganter Kostüme. Wie ein Totem dräut im Hintergrund die Hülle eines vogelartigen Totengewandes auf einer gesichtslosen Kleiderpuppe. In solche und nicht in Steine (wie im Original) hat Alcina ihre fallengelassenen Liebhaber verwandelt. Diese Statisten sind hier keineswegs Nebensache, sondern sich ständig magisch Verwandelnde. Der Gesang überzeugt Der Geschlechtertausch von Bradamante, die als Mann in Anzug und mit Fliege ihren Geliebten Ruggiero, der Alcina verfallen ist, aus den Fängen der Magierin befreien will, ist dabei nicht nur eine Frage des barocken Hüllenprinzips, sondern ein kongeniales Bild zur musikalischen Umsetzung. Denn den hübschen Prachtkerl Ruggiero mit wallendem Lockenhaar singt Elmar Hauser als Countertenor mit einer wunderbar samtigen Sopranstimme, die ihn dem Femininen angleicht. Sein ideales Pendant ist Katharina Magieras Bradamante mit einem ans Maskuline heranreichenden dunklen Mezzosopran. Dazwischen die fabelhafte Alcina von Monika Buczkowska-Ward, die über nicht enden wollende Stimmfaltungen verfügt: mal gurrend, mal rasend, mal klagend. Eine Frau, die vor allem stimmlich magische Kräfte hat, aber weiß, dass auch sie erlöschen werden. Strippenzieher mit nur einer Arie Im Hintergrund zieht der in geschäftsmäßigem Schwarz auftretende Melisso die Strippen, der die nüchterne Entzauberung seines Zöglings Ruggiero mit dem Whiskyglas begießt. Eine Arie muss Erik van Heyningen singen, aber die sitzt mit massiver Stimmmacht. Hier wird klar: Alcina nutzt das von ihr aufgebotene bildmächtige Zaubertheater nichts. Die versteinerten Liebhaber machen mit ihrem Clownstheater nur ein trauriges Spiel in diesem Liebeszirkus. Betörend schön Nur die Katz und Maus spielende Morgana, die Schwester Alcinas, und ihr Liebhaber Oronte kommen mit ihren Szenen einer Ehe am Ende, wie in einem Film von Ingmar Bergmann, auf der Baum-Schaukel dann doch zueinander. Michael Porter und Shélen Hughes singen das mit betörend schönen Koloraturen. Für die bindungslose Alcina fallen die Kulissenwände ihres nachtträumerischen Zaubertheaters auseinander. Und doch sitzen am Ende alle zur Moral des Schlusschors traurig auf der Unendlichkeitscouch an der Rampe. Nur Alcina singt unbegleitet wie ein fernes Echo Sentenzen aus ihrer Arie der Betrogenen. Zeitgemäße Antwort auf die heutige Welt Uns fehlt wohl heute die Magie solch barocken Zaubertheaters, für die die Dirigentin Julia Jones das Opern- und Museumsorchester in ein famoses Händel-Ensemble verwandelt hat. Mit ihm zaubert die Dirigentin die Farbpalette hervor, mit der der Komponist seine vielleicht raffinerteste Opernpartitur geschrieben hat. Dieser Händel ist eine sehr zeitgemäße Antwort auf eine gänzlich entzauberte und ernüchterte Welt. In seinem Faltenwurf kann man sich einen Abend lang wohltuend einhüllen.…
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1 Besondere Orte entdecken – Die Mainzer Museumsnacht macht's möglich 3:30
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„Wilde Stories“ im Gutenberg-Museum Vor dem Gutenberg-Museum in seinem Ausweichquartier direkt neben dem Naturhistorischen Museum drängeln sich die Besucherinnen und Besucher. Es duftet nach Knoblauch und gebackenem Brot. Warme Sommerluft, Musik und offene Museen locken die Menschen an. In dieser Nacht bekommen die Gäste des Gutenberg-Museums ganz exklusive Führungen, nämlich von der Kuratorin und der stellvertretenden Direktorin und vom Leiter der Museumsbibliothek. „Unsere Führung heißt jetzt ‚Wilde Stories‘, ‚Wilde Buchmonster‘, ‚Wilde Hexen‘ und so weiter“, sagt Anett Göthe, Kuratorin der Ausstellung. „Das sind die Themen die wir uns überlegt haben, die zu unseren Objekten passen“. Und sie gerät ins Schwärmen, schließlich besitzt das Museum 500.000 Objekte und zu jedem einzelnen könnten Geschichten erzählt werden. Ritter Theuerdank – der erste Ritterroman in Versform Allerdings gibt es zurzeit nicht viel Platz für die vielen Exponate, denn es ist eine Interimsausstellung, die die nächtlichen Besucher sehen dürfen, da das Museum einen Neubau bekommt . Unter diesen Bedingungen ist die aktuelle Ausstellung entstanden, erklärt die Kuratorin. Aus den sechs Themen der Ausstellung hat Anett Göthe das Thema „Image pflegen“ ausgesucht. „Und dann sehen wir eine Reproduktion von Ritter Theuerdank.“ Ein dickes Buch liegt aufgeschlagen unter Glas. Es ist der erste Ritterroman in Versform aus dem 16. Jahrhundert. Darüber leuchtet eine riesige Projektion von Kaiser Maximiliam I., der der Autor dieses Buches ist und der darin sein aufregendes Leben beschrieben hat. Imagepflege eben. Noch nach 21 Uhr kommen ganze Schübe von Besuchern Imagepflege auf eine ganz andere Weise erlebt der Eisenturm in fußläufiger Nachbarschaft. In dem mittelalterlichen Turm haben die Mitglieder des Kunstvereins ihre Werke ausgestellt. Am Eingang wird eine Strichliste über die Besucherzahlen geführt. Noch nach 21 Uhr kommen ganze Schübe von Besuchern herein, darunter viele junge Leute. In dieser Nacht ist alles anders: Es herrscht eine große Offenheit und Neugierde auf Kunst, wie ein junger Mann bestätigt: „Wir waren schon im alten Dom, wir waren im normalen Dom und wir waren bei der Baukultur und wir waren beim SWR, beim Bus. Wir sind noch relativ offen für den Rest des Abends, mal gucken, wo es uns hin verschlägt.“ Interessierte Besucher auch in der Galerie, die etwas abseits liegt Vielleicht schafft er es noch zur Galerie Emde, die ein bisschen weit ab vom Schuss liegt. Aber es lohnt sich, wie Annette Emde versichert. In der kleinen Galerie hängen Bilder des Fotografen Götz Diergarten und des Malers Robert Klümpen. Die Besucher seien sehr interessiert, erzählt sie: „Vor allem die Fotografien kommen sehr gut an. Der Leuchtkasten ist so ein Blickfang. Verkauft habe ich heute Abend noch nichts, das ist auch nicht erste Priorität.“ Fotos von Götz Diergarten (SWR Kultur Hausbesuch) Es geht um Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit Es ging in dieser Nacht eher um die Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit dieser besonderen Orte, an denen Kunst ausgestellt wird. Und das ist gelungen, schließlich wurden alle teilnehmenden Museen und Galerien sehr gut besucht. Bis spät in die Nacht liefen Besucherinnen und Besucher quer durch die Stadt, unterhielten sich und diskutierten über das Erlebte. Es herrschte eine angeregte und energiegeladene Atmosphäre in der Innenstadt, wie man sie sonst in Mainz selten erleben kann.…
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1 Global Cultural Assembly im Humboldt Forum: Internationale Zusammenarbeit fördern 6:58
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„Kultursensibilität ist nicht von heute auf morgen erreichbar“, betont Feride Funda G.-Gençaslan, die Vorsitzende des Sufi-Zentrums Rabbaniyya, in SWR Kultur. Sie ist auch Co-Kuratorin der Community-Vitrinen in der Ausstellung „Aspekte des Islam“ im Humboldt-Forum. Gegen die konservativen Gewohnheiten westlicher Museen und Ausstellungsorte helfe nur, nicht westliche Partner und Partnerinnen in die diversen Programme mit einzubeziehen. Es sei ein langwieriger Prozess, die diversen Inhalte zu kontextualisieren. Die am Montag beginnende zweite Ausgabe der Global Cultural Assembly diene dem Zweck, Begegnungen zwischen den Herkunftsländern der Artefakte und Kunstwerke und ihren westlichen Partnern zu fördern.…
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1 Kaiser, Feldherr, Philosoph - Landesausstellung in Trier widmet sich Marc Aurel 5:15
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Diese unterschiedlichen Facetten Marc Aurels sind in Trier in gleich zwei Museen zu sehen: Das Rheinische Landesmuseum Trier zeigt sein Leben und Wirken, während das Stadtmuseum Simeonstift sich der Frage nach der guten Herrschaft zuwendet. Wertvolle internationale Leihgaben und moderne interaktive Stationen machen die Ausstellungen zu einem eindrücklichen Erlebnis, ohne das Publikum zu überfordern.…
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1 Arbeiten mit „Wow“-Effekt: Konzeptkunst-Star Joseph Kosuth im Stuttgarter Kunstmuseum 4:24
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Bei Kosuth geht es um die Kunst als Idee Die erste Begegnung mit diesem Künstler, besser gesagt mit seinem Kunstwerk, macht einfach nur gute Laune. „NEON“ steht da in großen Lettern geschrieben. Das Wort geformt aus weißen Neonröhren. Eine geniale Idee, im wahrsten Sinne des Wortes. Denn für Joseph Kosuth zählt eigentlich nicht das Schriftobjekt, das da so neon-keck vor der Wand steht. Ihm geht es um die Kunst als Idee. Und die macht in diesem Fall Sprache sichtbar. Eine frühe Arbeit, die Joseph Kosuth jetzt noch einmal mit einem besonderen Kommentar gewürzt hat. „Das Schöne ist auch, dass er die Titel verändert und noch mal ein bisschen zugespitzt hat“, erklärt Ulrike Groos, Direktorin des Stuttgarter Kunstmuseums. So schrieb er zu seinem Werk NEON von 1965 „selfdefined“, selbst definiert, „weil das wirklich selbsterklärend ist.“ Fünf Wörter und fünf Farben Auch eine andere Arbeit von 1965 hat es der Museumsdirektorin angetan: „Five Words And Five Colors“, ebenfalls absolut selbsterklärend ist. „Da hat er den Zusatz gemacht: ‚A Description‘. Es ist ihm sehr wichtig, mit Sprache und Worten ganz genau umzugehen und zu differenzieren“, ergänzt Groos. Der Klassiker „Five Words And Five Colors”, auch in Stuttgart zu sehen, funktioniert nach dem gleichen Prinzip. Fünf Wörter in Neonschrift: das erste in rot, das zweite in violett, das dritte in grün, das vierte in gelb und das fünfte in blau. Fünf Wörter und fünf Farben. Wie gesagt: eine geniale Idee. Weitergedacht zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem Bei der zweiten Begegnung mit diesem Künstler heißt es ein wenig um die Ecke denken. Mit dem Werk „One And Three Chairs“ hat Joseph Kosuth vor 60 Jahren seinen Ruhm als Konzeptkünstler begründet. Es besteht aus einem Stuhl, einem Foto des Stuhls und einem Lexikonartikel, der das Wort „Stuhl“ beschreibt. In Stuttgart ist ein ähnliches Werk zu sehen, allerdings um eine kleine, pfiffige Idee weitergedacht: Ein klassischer 1950er-Jahre-Holzaktenschrank steht da. Links daneben an der Wand ein Foto des Aktenschranks in derselben Größe und Höhe. Rechts daneben ein vergrößerter Lexikon-Artikel – nicht zum Aktenschrank, sondern zum Stichwort „File“ (Akte). Eine überraschende Wendung, die einen anerkennend schmunzeln lässt. Joseph Kosuth beschäftigte sich mit Appropriationsstrategien Und bei der dritten Begegnung mit diesem Künstler wird es tricky: da stellt sich die Welt auf den Kopf: „Joseph Kosuth ist einer der ersten Künstler, der sich mit Appropriationsstrategien beschäftigt hat“, erklärt Ulrike Groos. „Das klingt jetzt etwas kompliziert, aber im Grunde geht es darum, sich etwas anzueignen, etwas zu verwenden, etwas zu kopieren: vorgefundene Materialien, vorgefundene Texte, Bilder.“ Die Arbeit, ein auf den Kopf gestellte Porträt einer Frau aus der Renaissance-Zeit im Stil Alter Meister, ist geheimnisvoll und wirft Fragen auf. Da hilft auch die Bildunterschrift nicht weiter. Joseph Kosuth will seine Kunst nicht erklären. Im Gegenteil: Er fordert sein Publikum heraus. Arbeiten zwischen Installation, Text und Satzfragmenten „Investigationen“ heißt denn auch eine sehr originelle Installation: sechs identische Tische, Stühle und Wanduhren sind entlang der Wand platziert. Auf jedem Tisch liegt ein Ringbuch mit Sprachrätseln, wie sie in einem Einstellungstest oder in der Schule vorkommen könnten. Hier darf man Platz nehmen und sich den Kopf zermartern. Ein Trainingslager für Rätselfreaks. Und es geht noch mehr: es gibt reine Textarbeiten, die sich mit der Mehrdeutigkeit von Begriffen beschäftigen, dann wieder Texte, die aus Satzfragmenten bestehen, scheinbar unlogisch und doch voller philosophischer Erkenntnisse stecken. Konzeptkunst von Josef Kosuth setzt eben nicht auf Farben, Formen oder Materialien, meint die Direktorin des Kunstmuseums Ulrike Groos: „Er will sich auf Bedeutung, auf Textsprache konzentrieren. Das heiß,t man findet sehr viele Zitate von Wittgenstein, Textfragmente von Beckett, und dann gibt es Walter Benjamin und Sigmund Freud in der Ausstellung. Und es ist mit Sicherheit anspruchsvoller.“ Man müsse mehr denken, so Ulrike Groos, „aber Gedankenerkenntnisse sind ja auch etwas, was einen wirklich euphorisiert wieder aus so einem Raum entlässt.“…
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1 Sie sagt. Er sagt. von Ferdinand von Schirach am Alten Schauspielhaus Stuttgart 5:38
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Eine Vergewaltigung wird vor Gericht verhandelt Katharina Schlüters starrer Blick geht ins Leere. Die bekannte TV-Moderatorin im hellen, akkurat sitzenden Hosenanzug beschuldigt ihren Ex-Geliebten, sie vergewaltigt zu haben. Weil es keine Zeugen für die Tat gibt, ist ihre Aussage zentraler Bestandteil der Gerichtsverhandlung. Sabine Fürst verkörpert die Rolle der Nebenklägerin eindringlich. Die sonst kontrollierte, rationale und strahlende Starmoderatorin ringt im Stück während ihrer Aussage sichtlich um Fassung, aber sie verliert sie nicht. Sie muss das Intimste vor der Öffentlichkeit ausbreiten. Ihr Stuhl ist in der Inszenierung von Martin Schulze in Richtung des Publikums ausgerichtet. Wurde aus Liebe Gewalt? Sie habe wohl kein Stück so oft gelesen wie dieses, bestimmt 40, 50 Mal, erklärt Schauspielerin Sabine Fürst. „Weil ich dieser Figur erstmal nicht geglaubt habe. Der Text, den sie spricht, ist so parat, weil diese Rolle eben schon so oft verhört wurde – über Stunden. Alles sagt sie nicht zum ersten Mal. Das kam mir wie heruntergebetet vor.“ Ihre erste Frage an den Regisseur sei deshalb gewesen, ob das, was die Figur sage, überhaupt stimme. Ihre Figur, Katharina Schlüter, und der Unternehmer Christian Thiede hatten über Jahre eine Affäre – trotz ihrer Familien. Aber: Es war für beide die große Liebe. Nach der schmerzhaften Trennung treffen sie sich zufällig. Sie kommen sich wieder näher – ab hier unterscheiden sich die zwei Geschichten des Ex-Paares. Nach der Schilderung der Moderatorin akzeptierte Thiede ihr Nein nicht, als sie nicht mehr wollte. Seine Verteidigerin aber erklärt: Alles war einvernehmlich. Schmerz auf beiden Seiten der Verhandlung Schnell wird klar: Nicht nur für den Angeklagten steht alles auf dem Spiel, auch Katharina Schlüters altes Leben ist zerstört – Familie, Karriere und der gute Ruf. Schauspieler Ralf Stech spielt den Angeklagten. Eine Herausforderung – denn der Unternehmer entscheidet sich zunächst, zu schweigen. Sein Recht vor Gericht. Und doch sprechen seine Blicke Bände. Der grauhaarige Mann im grauen Anzug ist offenbar sichtlich mitgenommen. Nur ganz selten treffen sich die Blicke der Ex-Geliebten. Und der Schmerz auf beiden Seiten manifestiert sich förmlich auf der Bühne. „Man hat natürlich dieses krasse Bild eines Vorstandvorsitzenden, der sehr souverän sein muss“, erklärt Stech. „Wie viel Emotionen zeigt er, wie viel Schwäche? Da haben wir ein bisschen gerätselt und experimentiert. Wenn man das als starken Mann verkauft, dann glaubt man ihm überhaupt nicht.“ Ferdinand von Schirachs Text in einem schnörkellosen Gerichtssaal Die Inszenierung ist sehr zurückgenommen. Ein schnörkelloser Gerichtssaal, oben thronen Richterin und Staatsanwältin, am Tisch links darunter sitzen Anwalt und Nebenklägerin und gegenüber der Angeklagte mit seiner Verteidigerin. Nur selten kommt auf der Bühne Bewegung ins Spiel, zum Beispiel bei einer ganz entscheidenden Szene, in der die psychologische Sachverständige in einem eindringlichen Monolog näher ans Publikum herantritt. Was heißt Wahrheit vor Gericht überhaupt? Sabine Christiane Dotzer macht in der Rolle der Psychologin deutlich, warum immer noch so viele Frauen damit kämpfen, eine Vergewaltigung anzuzeigen: Eine unbescholtene Frau wird in einer dunklen Gasse von einem bewaffneten Mann angegriffen, vergewaltigt und dabei schwer verletzt. Das Opfer leistet Widerstand. Danach geht das Opfer schnurstracks zur Polizei. So ist es in den Köpfen der Menschen verankert. Aber die meisten Vergewaltigungen werden im sozialen Umfeld verübt. [...] Je weiter eine Tat von diesem Mythos abweicht, desto weniger wird ihm geglaubt. Quelle: aus Ferdinand von Schirach: „Sie sagt. Er sagt“ Am Anfang scheint das Urteil ganz klar. Aber bis zuletzt sorgen mehr oder weniger schlüssige Wendungen im Stück dafür, dass das Publikum hin- und hergerissen ist. Wer spricht die Wahrheit? Und was heißt Wahrheit vor Gericht überhaupt? Am Ende, wenn die Beweise nicht weiterführen, bleibt nur „Sie sagt. Er sagt.“ Das handlungsarme Stück lebt von der vielschichtigen Darbietung der Darsteller. Schauspielerin Sabine Fürst hofft, dass das Stück vielen Zuschauern bewusst macht, wie schnell man im Urteilen und Verurteilen ist. „Ich glaube, da ein bisschen Verwirrung zu stiften und ein Nachdenken anzuregen. Allein dafür ist das Stück schon wichtig“, so Fürst. Am Ende steht der unauflösbare Konflikt Mit der Realität in deutschen Gerichtssälen bei Vergewaltigungsprozessen hat das Stück de facto wenig zu tun, aber darum geht es Schirach wie so oft auch nicht. Dramatisch zugespitzt geht es ihm darum deutlich zu machen, wie schwierig es ist, wenn sich vor Gericht zwei glaubhafte Versionen der Wahrheit gegenüber stehen. Am Ende bleibt ein unauflösbarer Konflikt. Umso wichtiger, dass ein Urteil vor einem echten Gericht, mit der Strafprozessordnung als Fundament des Rechtsstaates, eben alles andere als schnell gefällt wird.…
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1 Wie Schlagerstars und Gastronome Mallorca zur Ballermann-Insel machten 6:35
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Wer ist der wahre König von Mallorca – tatsächlich der Schlagersänger Jürgen Drews? Das Rechercheteam des neuen SWR Podcast „Die Könige von Malle“ hat noch andere prägende Figuren gefunden. Sie haben die Druckbetankungsmeile Ballermann aufgebaut – darunter auch zwei spanische Gastronomen mit durchaus zwielichtigen Methoden. Podcast-Host Jakob Baumer war vor seinen Recherchen noch nie auf der Insel Mallorca. Wie er sich so mit einem völlig frischen Blick der Insel und seiner Partygeschichte zuwandte, erzählt er im Gespräch mit SWR Kultur.…
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Mehr als drei Jahrhunderte regierte der Zarismus Russland. Im Frühjahr 1917 fällt das Zarenreich jedoch innerhalb weniger Tage wie ein Kartenhaus zusammen. „Schon zwei Wochen nach dem Beginn der Brotproteste ist von der alten Welt kaum noch etwas zu spüren“, schreibt Jörg Baberowski. In packenden Geschichten zeichnet er mit dramaturgischem Geschick und erzählerischem Esprit den Zusammenbruch minutiös nach. Einer der Zeitgenossen, dem er über die Schulter blickt, ist der exzentrische Komponist Sergei Prokofjew . Prokofjew kehrt zum Winterpalast zurück, und von dort läuft er zum Marsfeld. Lastwagen fahren an ihm vorbei, johlende Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten schwenken rote Fahnen und schießen Gewehrsalven in die Luft. Langsam begreift auch Prokofjew, dass die Tage des Friedens gezählt sind, die Revolution kein Geschehen ist, das man einfach ignorieren könnte. Quelle: Jörg Baberowski – Die letzte Fahrt des Zaren Überfordert von den Geschehnissen Baberowski folgt dem Geschehen aus der Perspektive einer Vielzahl von Personen. Oft sind die Politiker, Generäle, Höflinge und Revolutionäre weniger Handelnde, sondern mehr Getriebene – mitgerissen vom Strudel der historischen Ereignisse. So faszinierend die detailreiche Darstellung ist, so sehr fordert sie auch die Konzentration der Leser, um in der chaotischen Szenerie nicht – gleichsam wie die historischen Akteure – den Überblick zu verlieren. Am Anfang vom Ende steht eine massive Versorgungskrise, die sich rasch zur Legitimationskrise auswächst. Während immer mehr Menschen auf die Straße gehen, Brot und ein Ende des Krieges fordern, während die herbeigerufenen Soldaten sich mit den Protestierenden verbünden, versäumt es die Regierung, „im richtigen Augenblick richtige Entscheidungen zu treffen“, notiert Baberowski. Aber auch Sozialisten und Liberale, die den Umbruch propagiert haben, sind überfordert von den Geschehnissen. Die Ereignisse haben keinen Urheber, es scheint, als vollzöge sich die Revolte unabhängig von den politischen Parteien und ihren intellektuellen Interpreten. Stets haben sie in der Vergangenheit von Reformen und Revolutionen gesprochen, sich damit gebrüstet, es besser zu wissen als die dunkle Masse. Und nun tanzt das Volk auf den Straßen, und niemand weiß, welche Antwort man darauf geben soll. Quelle: Jörg Baberowski – Die letzte Fahrt des Zaren Erst die Familie, dann das Land Weil ihm sein Innenminister versichert, alles unter Kontrolle zu haben, verlässt der Zar die kriselnde Hauptstadt. Baberowski zeichnet Nikolai als willens- und antriebsschwachen Menschen, der sich mehr um seine Familie als um das Land sorgt. Widerstandslos willigt er in die Abdankung ein. Seine letzte Zugreise wird zu einer Irrfahrt, die auf dem Abstellgleis endet. Wo Institutionen verfallen, gewinne persönliche Autorität an Bedeutung zurück, schreibt Baberowski prononciert. Doch auch der Mann, der sich wie kein anderer als Sprachrohr und Führer der Massen in Szene setzt, zögert in den entscheidenden Momenten. Baberowski hält nicht viel von Alexander Kerenski, dem zweiten Ministerpräsidenten der Provisorischen Regierung. Er porträtiert ihn als eitlen, selbstverliebten Mann der billigen Effekte. Ganz anders agiert der aus dem Exil nach Russland zurückgekehrte Lenin. Zielgerichtet und rücksichtslos strebt er an die Macht. Niemand weiß besser als Lenin, dass die Grausamkeit und die anarchistischen Gefühle des desorientierten Volkes Triebkräfte sind, die sich der revolutionäre Wille zunutze machen kann. Nicht verbrüdern will er sich mit den Massen. Er will sie vielmehr zwingen, dem Ruf der Wissenden zu folgen und sich von sich selbst zu befreien. Auf Technik und Strategie, nicht auf Programm und Überredung kommt es in diesen Tagen an. Quelle: Jörg Baberowski – Die letzte Fahrt des Zaren Jörg Baberowski schildert die revolutiuonären Ereignisse als eine Abfolge von Augenblicken und Situationen, die immer neue Möglichkeiten eröffnen. Das Geschehen folgt keinem Plan und keiner Notwendigkeit. Als seine Henker Nikolai eröffnen, dass er und seine Familie hingerichtet werden, entgegnet er nur erstaunt und fassungslos: „Wie bitte?“…
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1 Nagelkunst in der Stunde Null: Zum Tod von Günther Uecker 4:25
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Am 10. Juni 2025 starb Günther Uecker im Alter von 95 Jahren. Der Künstler malte mit Nägeln, indem er sie in geometrischen Formen auf Holz oder Pappe hämmerte. Seine Werke: einzigartig, unverwechselbar. Zusammen mit Otto Piene und Heinz Mack bildete Günther Uecker in Düsseldorf die Künstlergruppe ZERO. Sie wollten Kunst nach den Gräueln des Zweiten Weltkriegs von Grund auf neu denken. „Beim ihm ist es nicht der Pinsel geworden, sondern der Nagel, den er im Grunde für alles benutzt hat“, erklärt Autor Jürgen Wilhelm im Gespräch mit SWR Kultur. Er sitzt im Vorstand der ZERO-Stiftung, welche der Erinnerung an Uecker gewidmet ist. Günther Uecker hat früh für die Erforschung und Bewahrung seiner Kunst mit der ZERO-Stiftung gesorgt. ARD Retro: Ein Fernsehteam des Hessischen Rundfunks schaut 1963 Günther Uecker bei der Arbeit zu:…
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1 „Der Helsinki Effekt“ im Kino: Tauwetter im Kalten Krieg 4:37
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Die europäische Sicherheit bereite ihm Sorgen, sagt Richard Nixon zu Henry Kissinger. „Wir sind da schon ziemlich tief drin“, antwortet der knapp. „Ich weiß. Lass mich dir eines sagen: Wenn es europäische Sicherheit gibt – dann kannst du die NATO so gut wie vergessen.“ Dieser Dialog zwischen US-Präsident und seinem Außenminister ist einer der interessantesten Momente des neuen Dokumentarfilms „Der Helsinki Effekt“ von Arthur Franck. Eine Welt in starren Blöcken Die Welt im Jahre 1975 war in starre Blöcke geteilt – ideologisch, ökonomisch, machtpolitisch. Auch wenn der Kalte Krieg seit Ende der Sechzigerjahre ein Tauwetter erlebte, schwebte immer noch die Drohung gegenseitiger atomarer Vernichtung über der Welt. Darum ging es beim KSZE-Abkommen, das am 2. August 1975 in Helsinki von 35 Staaten verabschiedet wurde: Um Abrüstung, gegenseitige Sicherheitsgarantien und um die kleinen menschlichen Dinge, wie Reisefreiheit. Archivmaterial und KI-generierte Stimmen All das schildert „Der Helsinki Effekt“ sehr unterhaltsam und leicht konsumierbar. Regisseur Arthur Franck arbeitet dabei ausschließlich und teils mit ungewöhnlichem Archivmaterial. Der Schauspieler Bjarne Mädel dient als Erzähler, doch KI-generierte Stimmen der Beteiligten bringen die Abschriften der diplomatischen Dialoge in Ton-Form. In einer Szene erzählt der sowjetische Staatschef Leonid Breschnew, seine Ehefrau hätte ein Bild von Kissinger gesehen und gesagt, er habe ja abgenommen. Kissinger attestiert Breschnew daraufhin: „Ihre Frau ist eine großartige Diplomatin.“ Es ist einer von vielen Momenten in diesem Film, der die Staatsmänner aller Seiten als Menschen zeigt. Als ganz normale Leute, die über ihr Gewicht, über ihre Familie, über Pepsi Cola reden – und über Dritte lästern, die gerade nicht im Raum sind, egal welchem Block sie angehören. Ein Film in zwölf Kapiteln „Der Helsinki Effekt“ erzählt in zwölf Kapiteln von der Kunst der Diplomatie und von einer Konferenz, die viel veränderte. Vor allem ist der Film aber ein Lob und eine Verteidigung der Diplomatie. Franck zeigt: Um Konflikte zu lösen und Gewalt zu vermeiden, muss man verhandeln. Solche Verhandlungen erfordern den Willen beider Seiten, Kompromisse zu schließen. Wohlgemerkt: beider Seiten! Es geht in der Diplomatie also nicht um Gut und Böse, oder ums Recht haben. Es geht darum, dass Länder sich über gemeinsame Interessen verständigen. Franck gibt sich Mühe, dieser Staatskunst ihre Würde zu geben, und einen Sinn für den Ernst der damaligen Verhandlungen wecken. Sehnsucht nach einer vergangenen Zeit Man entwickelt beim Zuschauen schnell eine große Sehnsucht nach dieser Zeit. Natürlich liegt es nahe, zu meckern: Kaum eine Frau taucht in dieser Welt auf. Es war die Zeit, in der Männer Geschichte machten: Sie sprachen miteinander, sie verhandelten, es ging um die Wirklichkeit, nicht um Moral. Die Tatsache, dass diese Männer manchmal zu viel tranken und schlechte Witze über Frauen machten, führte vielleicht auch dazu, dass Atombombeneinsätze und Weltkriege verhindert wurden. Jedenfalls wurde über alle ideologischen Differenzen hinweg miteinander gesprochen, Kompromisse wurden gefunden. Und man legte dabei einen großen Ernst an den Tag. Mängelanzeige für die heutigen politischen Verhältnisse Diesen Ernst und diese Verhandlungsoffenheit in den Auftritten heutiger Politiker zu finden, fällt manchmal schwer. So funktioniert dieser Film auch wie eine Mängelanzeige für die heutigen politischen Verhältnisse. Arthur Francks Film ist keineswegs perfekt. Aber er zeigt schmerzhaft auf, was unserer Gegenwart fehlt.…
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1 Beach Boys Mitbegründer Brian Wilson gestorben: Abschied von einer Musiklegende 5:33
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SWR Kultur Musikredakteur Fabian Elsäßer schließt sich dem Geniekult an: Wilson habe als einer der ersten erkannt, dass Alben als Konzept funktionieren, also mehr sein können als eine bloße Aneinanderreihung von Songs. Sein Ansatz, Alben als in sich geschlossenes erzählerisches und dramaturgisches Werk zu sehen, sei sehr zukunftsträchtig gewesen, so Elsäßer. Auch dürfe Wilson als einer der ersten „Autoren-Produzenten“ gelten: als Musiker, der die Hoheit über seine Musik und seine Aufnahmen haben wollte. Dabei habe Wilson auch gemerkt, dass man ein Tonstudio mit seinen vielfältigen Möglichkeiten wie ein Musikinstrument benutzen kann, sagt Elsäßer. Wilsons besonderes Gespür für Melodien und Arrangements zeige sich in Erfolgs-Songs wie „Good Vibrations“ oder „California Girls“: mit einem ungestümen Vorwärtsdrang, hinter dem sich Komplexität und Widerspenstigkeit verberge.…
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1 Kein Spiegel der Seele, aber wertvolle Zeitdokumente: Was Tagebücher uns verraten 6:07
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Tagebücher sind keine Spiegel der Seele, sagt der Tagebuchforscher Dr. Janosch Steuwer vom NS-Dokumentationszentrum Köln. Diese Vorstellung sei veraltet. Spannend seien sie deswegen, weil sie aus den historischen Umständen ihrer Zeit entstehen und damit einen ganz anderen Blick auf die Geschichte bieten als den distanzierten der heutigen Zeit. Das Nationalsozialismus-Dokumentationszentrum Köln hat es sich zur Aufgabe gemacht, Zeugnisse und Lebensgeschichten aus der NS-Zeit zu bewahren und zu sammeln. Tagebücher als Zeitdokumente würden sich oft mit Fragen beschäftigen, die sich von der modernen Perspektive unterscheiden. „Wir blicken ja immer auf Geschichte zurück im Wissen darum, was daraus geworden ist“, so Steuwer. Tag des Tagebuchs erinnert an Anne Frank Der Welttag des Tagebuchs wird alljährlich am 12. Juni begangen, dem Geburtstag von Anne Frank (1929 - 1945). Das jüdische Mädchen bekam zu ihrem 13. Geburtstag am 12. Juni 1942 ein rot kariertes Tagebuch geschenkt. Wenige Wochen später musste ihre Familie ein Versteck im Hinterhaus der Prinsengracht 263 in Amsterdam beziehen, um sich vor dem Zugriff der Nationalsozialisten zu retten. In ihrem Tagebuch dokumentierte Anne Frank das Leben im Versteck. Am 4. August 1944 wurde das Versteck entdeckt. Anne Frank wurde im Frühjahr 1945 im KZ Bergen-Belsen ermordet.…
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Und wieder steht ein Akteur aus der Pflanzenwelt im Zentrum des Geschehens. Nach „Der Fluch der Muskatnuss“ widmet sich der indische Romancier und Essayist Amitav Ghosh in seinem neuen Buch dem Schlafmohn und damit einer der wirkmächtigsten Pflanzen der Menschheitsgeschichte. Opium als Stütze des britischen Kolonialregimes In „Rauch und Asche“ beleuchtet Ghosh die kolonialen Hintergründe der Opiumerzeugung in Indien und beschreibt, wie Großbritannien den chinesischen Markt im 18. und frühen 19. Jahrhundert illegal mit dem verderbenbringenden Handelsgut überschwemmte, um sein Handelsdefizit auszugleichen. Es gibt möglicherweise keine Wirtschaftspolitik, die jemals erfolgreicher umgesetzt worden ist als das Opiumprogramm des britischen Empire. Genau wie geplant lösten diese Maßnahmen innerhalb weniger Jahrzehnte das Zahlungsbilanzproblem der East India Company: Anstatt dass riesige Silbermengen von England nach China flossen, bewegten sich nun massenhaft Goldbarren in die andere Richtung. Quelle: Amitav Ghosh – Rauch und Asche Opiumgeld für Aufbau von US-Infrastruktur Nicht nur die Briten profitierten vom Opiumschmuggel. Rasch nach der Unabhängigkeitserklärung stiegen auch blutjunge US-amerikanische Kaufleute in den chinenischen Drogenhandel ein. Nach ihrer Rückkehr aus Kanton investierten diese „Brahmanen von Boston“ ihre kolossalen Gewinne in die entstehende Industrie und in die Eisenbahn. Sie gründeten und finanzierten Schulen, Bibliotheken und Krankenhäuser. Im Wesentlichen hatte der Kolonialismus eine Machtstruktur geschaffen, der zufolge die aus Europa kommenden Eliten und ihre Verbündeten unter den europäisch stämmigen Diasporagruppen eine derart absolute Vorherrschaft genossen, dass es tugendhaften jungen Amerikanern möglich war, in fernen Ländern Verbrechen zu begehen, mit sauberen Händen in ihre Heimat zurückzukehren und sich dort als Helden für ihre Rolle beim Aufbau der amerikanischen Wirtschaft feiern zu lassen. Mit anderen Worten, sie konnten mithilfe des weltweiten Kolonialismus das verwirklichen, wonach Drogenbarone wie Lucky Luciano und Pablo Escobar sich immer gesehnt hatten: endlich »legal« zu werden. Quelle: Amitav Ghosh – Rauch und Asche Fokus auf Verlierer des ungleichen „Handels“ Hier klingt an, wo Ghoshs Sympathien beheimatet sind. Er interessiert sich für die Verlierer dieses ungleichen, mit Waffengewalt durchgesetzten „Handels“. Für die abhängigen Bauern in Indien, für die der Mohnanbau ein katastrophales Verlustgeschäft war. Für die Verheerungen in China, das sich in zwei Opiumkriegen vergeblich gegen den Schmuggel zur Wehr setzte. Und für die langfristigen wirtschaftlichen und sozialen Folgen, die bis in die Gegenwart reichen. Die sogenannte Opioid-Krise in den USA interpretiert Ghosh als trauriges „Echo" auf die Erfahrungen Chinas im 19. Jahrhundert. Millionen US-Amerikaner sind süchtig nach jahrzehntelang leichtfertig verschriebenen opioidhaltigen Schmerzmitteln, Überdosierungen – zuletzt vor allem von Fentanyl – fordern jährlich zehntausende Menschenleben. Ghosh stellt sich gegen die scheinheilige Behauptung der Drogenhändler des 19. und der Pharmaunternehmer des 21. Jahrhunderts, wonach sie lediglich eine ungedeckte Nachfrage bedienen würden. Eine sonnenklare Tatsache ist, dass bei Opioiden nicht die Nachfrage, sondern das Angebot der verantwortliche Faktor für den steigenden Konsum ist. Wenn Opioide im Überfluss vorhanden sind, schaffen sie ihre eigene Nachfrage: Und das ist genau der Grund, warum Opium als eine eigenständige historische Kraft betrachtet werden muss. Quelle: Amitav Ghosh – Rauch und Asche Lange hat Ghosh gezögert, ob er die Geschichte dieser „abscheulichen Gemeinheit“ erzählen solle, wie er unumwunden zugibt. Dieses Zaudern ist dem Text stellenweise anzumerken. Er ist weniger zwingend und kohärent als „Der Fluch der Muskatnuss“ und mit seinen zahlreichen Verweisen auf sein eigenes literarisches Œuvre bisweilen ein wenig selbstreferenziell. Aber wieder beeindruckt Ghoshs Sinn für den großen Bogen und sein Talent für mutige Parallelen. „Rauch und Asche“ ist ein schonungsloses Manifest gegen die Heuchelei und gegen das Unter-den-Teppich-Kehren der dunklen Geschichten hinter dem Siegeszug des globalen Kapitalismus.…
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